"Be-ne-det-to!" Star-Kult in Köln
21.08.2005, 13:05 UhrEs ist noch keine Liebe wie zu Papst Johannes Paul II., aber die "Generation JP2" ist beim Kölner Weltjugendtag warm geworden mit seinem Nachfolger Benedikt XVI. "Benedetto! Benedetto!" skandierten eine Million junge Leute aus 197 Ländern am Sonntag beim Abschlussgottesdienst auf dem Marienfeld. Es klang wie ein Angebot, und Benedikt XVI. nahm es an, winkte seinen Anhängern zu -aber nur kurz, dann mahnte er sie mit einer kleinen Geste zur Stille, damit der Gottesdienst weitergehen konnte.
Ein Star-Kult liegt dem deutschen Papst nicht, und gerade dafür scheinen die jungen Menschen, die in der Ära Johannes Pauls II. aufgewachsen sind, Benedikt XVI. zu mögen. "Ehrlich gesagt, als ich ihn zuerst im Papstgewand sah, habe ich mich ihm verschlossen", sagte Ewa (19) aus Kanada. Vor drei Jahren war sie beim Weltjugendtag in Toronto dabei. Johannes Paul II. war ihr Idol, und an die Vorstellung, dass er einen Nachfolger haben könnte, wollte sie sich erst nicht gewöhnen.
"Aber jetzt empfinde ich Wärme für den neuen Papst. Ich sehe viel Demut bei ihm. Und ich habe hier in Köln erlebt, wie die Herzen von so vielen Menschen ihm zuströmen. Das hat mich mitgerissen", sagt Ewa. Sie erlebte die Messe auf dem Marienfeld mit, betete mit einer Million Gleichgesinnten und empfing die Kommunion in der "Kathedrale für einen Tag". 250 Hektar ist die Ebene im früheren Braunkohlerevier groß, vom zehn Meter hohen "Papsthügel" schauen Benedikt XVI. und fast 800 Bischöfe auf ein Meer von Menschen hinab.
Fast alle haben nach der Vigil am Vorabend die Nacht hier verbracht. Haben der klammen Kälte auf Isomatten und in Schlafsäcken getrotzt, haben morgens lange angestanden an den Waschbecken und Toiletten, haben sich warm gesungen und Fahnen geschwenkt, bis der Papst endlich kommt. Im Wagen mit dem Glasaufbau fährt er ein paar hundert Meter an den Pilgern vorbei, aber die allermeisten sehen ihn nur auf den Großleinwänden oder als winzige Gestalt in weiter Ferne im goldenen Messgewand.
"Ich wäre gerne mit dem Papa-Auto kreuz und quer durch das ganze Gelände gefahren, um jeden Einzelnen zu begrüßen, um jedem nahe zu sein", sagt Benedikt XVI. und klingt dabei ein wenig hilflos. Gerade das beschert ihm einen herzlichen Applaus, lauter und länger, als er ihn mit seiner Predigt hervorzurufen vermag.
Aber auch in der Predigt gibt es Stellen, mit denen er die Herzen berührt -wenn er Konsequenzen fordert aus dem christlichen Glauben. "Wir dürfen zum Beispiel die alten Menschen nicht ihrer Einsamkeit überlassen, an den Leidenden nicht vorbeigehen", mahnt der Papst und trifft damit den Nerv der Jugendlichen.
Die meisten sind aber weniger wegen der Lehren in Köln dabei, sondern mehr wegen des Erlebens. "Ich komme aus Burundi", sagt Ignace (31), "dort haben wir Probleme wegen ethnischer Konflikte. Und hier sehen wir, dass es möglich ist, zusammenzukommen aus so vielen Ländern und Freunde zu sein. Das will ich zu Hause erzählen -dass wir wegen nichts und wieder nichts kämpfen."
Wieder einmal hat es ein Weltjugendtag - die Erfindung von Johannes Paul II. -geschafft, dem katholischen Nachwuchs ein Gefühl von Weltkirche zu vermitteln -und dieses Image über die Medien zu transportieren. Flaggen aus aller Herren Länder wehten über dem Marienfeld, der Papst predigte auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Auf der Musikbühne spielten südamerikanische Panflöten, indische Sitars und afrikanische Trommeln -und alles harmonierte.
Quelle: ntv.de