Attacke auf Israels Botschaft Ägyptens Ruf ist angeschlagen
11.09.2011, 14:47 Uhr
Der Mob tobt vor der israelischen Botschaft in Kairo.
(Foto: dpa)
Die schweren Ausschreitungen in Kairo bringen Ägyptens Militärjunta in große Bedrängnis. Nicht Israel, sondern die eigene Regierung sind das wahre Ziel der Demonstranten, die zeitgleich auch das Innenministerium stürmen.
kann und darf nicht nur im Kontext des Nahostkonflikts betrachtet werden. Das war ein Vorfall, der gegen jegliche Regeln zwischenstaatlicher Beziehungen verstieß. Respekt der exterritorialen Botschaften und Immunität der Diplomaten gehören zu den Grundfesten zwischenstaatlicher Beziehungen.
Die Attacke auf die Vertretung des jüdischen Staates durch den Mob ist der ägyptischen Regierung höchst peinlich. Arabische Staaten verurteilten die Ereignisse - ungeachtet ihrer sonstigen Feindseligkeit gegenüber Israel. Die höchste Spitze der amerikanischen Regierung bis hin zu Präsident Obama bemühte sich in stundenlangen nächtlichen Telefonaten, den ägyptischen Machthaber, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, zu erreichen, um ihm mit "Konsequenzen" zu drohen, falls den Diplomaten etwas zustoßen sollte.
Israels Botschafter Jitzchak Levanon ist nicht "geflohen". Wer das behauptet, erwartet wohl von ihm, sich freiwillig umbringen zu lassen. 80 Botschaftsangehörige wurden mit ägyptischer Hilfe zum Flughafen in Sicherheit gebracht und nach Israel evakuiert. Sechs in der Botschaft verbarrikadierte Sicherheitsbeamte sahen schon ihren Tod vor den Augen. Der Pöbel drohte sie zu lynchen. Die Männer gaben Warnschüsse ab. In letzter Minute ein rettete sie ein ägyptisches Spezialkommando und lotste sie unerkannt zu Panzerwagen. Eine Militärmaschine flog sie nach Israel aus.
Unausdenkbar wären die Folgen für Diplomaten in aller Welt gewesen, falls den Israelis etwas zugestoßen wäre. Alle ägyptischen Oppositionsgruppen distanzierten sich von den Angreifern. Ägyptens Ruf ist dennoch schwer angeschlagen.
Kairo will keinen Bruch
Gleichwohl wird dieser Vorfall positive Folgen haben. Weil das offizielle Ägypten die Wachmänner mit einem Spezialkommando aus Lebensgefahr gerettet und in Sicherheit gebracht hat, werden die Beziehungen mit Israel nicht leiden. Sowie Ägypten die Sicherheit israelischer Diplomaten garantieren kann, wird Levanon umgehend nach Kairo zurückkehren. Auf ausdrücklichen Wunsch der Ägypter blieb der zweite Sekretär "an einem sicheren Ort" in Kairo zurück, um "Kontakt" zu halten. Ägypten wollte einen Bruch vermeiden.
Der persönliche Einsatz des amerikanischen Präsidenten zeigt, wie ernst die Lage war. Das Lob des israelischen Regierungschefs für das ägyptische Kommando könnte zu einer Verbesserung der Beziehungen führen. Die herrschende ägyptische Militärjunta muss jetzt den enttäuschten Pöbel beruhigen. Denn seit dem Umsturz ist die ägyptische Wirtschaft zugrunde gegangen. Innenpolitisch haben sich die Dinge nur zum Schlechteren gewendet. Nicht Israel, sondern die eigene Regierung war das wahre Ziel der Demonstranten, die zeitgleich auch das Innenministerium stürmten.

Ulrich W. Sahm.
Sie benutzten Israels Botschaft als bewährter Sündenbock, um ihrer Wut über die gescheiterte Revolution Luft zu machen - zum Schaden ihres Landes und sogar ihrer eigenen Demokratiebestrebungen.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de