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Alberne Drohgebärden Airbus muss saniert werden

Von Peter Espenhain, CvD der n-tv Wirtschaftsredaktion

Bundeswirtschaftsminister Glos droht EADS mit dem Entzug von Rüstungsaufträgen der Bundesregierung. Damit will er den Arbeitsplatzabbau bei den deutschen Werken der Flugzeugtochter Airbus verhindern. Doch die Drohgebärden sind kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden. Wer soll denn stattdessen die Aufträge erhalten? Der amerikanische Konkurrent Boeing etwa? Oder gar ein Newcomer aus Russland oder China? Gerade im Rüstungsbereich reagiert das offizielle Berlin immer so empfindlich, wenn es um die Wahrung von Geheimnissen geht. Doch damit nicht genug: Wenn EADS Aufträge im Milliardenhöhe verliert, dann sind noch wesentlich mehr Arbeitsplätze in Gefahr als derzeit.

Aber geht es überhaupt um den Abbau von Arbeitsplätzen bei Airbus? Davon war bisher nie die Rede. Wohl aber von einer notwendigen Umstrukturierung der Fertigungsprozesse. Und das könnte auch die Auslagerung von Arbeiten in rechtlich selbstständige Unternehmen umfassen. Mit denselben Mitarbeitern, nur eben effektiver organisiert. Die Probleme mit dem Riesenflieger A380 rührten doch in erster Linie aus der dezentralen Organisation bei Airbus, aus der mangelnden Kommunikation zwischen den Hauptstandorten Hamburg und Toulouse. Was spricht eigentlich dagegen, den A380 komplett in Toulouse zu bauen, dafür die Produktion der A320-Reihe vollständig nach Hamburg abzugeben? Die Arbeit wird dadurch nicht weniger, sie wird nur anders verteilt. Und effizienter.

Man stelle sich einmal vor, Volkswagen würde seinen Golf in Wolfsburg montieren, dann das fertige Auto nach Bratislava zum Lackieren schicken, um es schließlich zur Auslieferung wieder nach Wolfsburg zurückzuholen. Wirtschaftlicher Irrsinn. Doch was in diesem Beispiel jedem einleuchtet, scheint bei Airbus plötzlich nicht mehr zu gelten. Da werden fertige und halbfertige Flugzeuge durch halb Europa gekarrt, geschifft und geflogen, nur um den politischen Proporz zu wahren.

Das ist das Grundproblem bei Airbus und seiner Konzernmutter EADS. Die Unternehmensstruktur ist nicht an der wirtschaftlichen Vernunft ausgerichtet, sondern eher an der Befriedigung landespolitischer Interessen. Eine Zeitlang hat das ganz gut funktioniert, eilte Airbus von Erfolg zu Erfolg, hatte zwischenzeitlich sogar einmal Erzfeind Boeing hinter sich gelassen. Doch immer mehr hat sich die deutsch-französische Parität zum Bremsklotz entwickelt. Eine Umstrukturierung tut also Not. Dass die Lasten dabei gerecht auf alle Airbus-Standorte verteilt werden müssen, steht wohl außer Zweifel. Es handelt sich also keineswegs um ein "spezifisch deutsches" Problem.

Erste Schritte bei Airbus zeigen in die richtige Richtung. So wurde die leidige Doppelspitze aus je einem französischen und einem deutschen Manager bereits abgeschafft. Aber das kann nur der Anfang sein. Warum eigentlich drängt die Politik so penibel darauf, dass Frankreich und Deutschland exakt den gleichen Kapital- und Stimmenanteil bei EADS besitzen? Warum machen wir wirtschaftspolitische Verrenkungen, wenn es darum geht, wer den 7,5-prozentigen Anteil von DaimlerChrysler übernimmt? Warum lässt man nicht einfach den Markt entscheiden? Die Weitergabe von Rüstungsgeheimnissen kann immer noch durch Kapitalbeschränkungen für Dritte verhindert werden. Das Produkt "Airbus" wird jedenfalls durch eine Liberalisierung nicht schlechter. Im Gegenteil, Wettbewerb belebt gemeinhin sogar das Geschäft. Und der deutsche Flugzeugbau wird dabei auch weiterhin eine führende Rolle spielen.

Airbus am Scheidepunkt. Noch haben die Verantwortlichen alles in der Hand, das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Das gilt für Management und Politik gleichermaßen. Ein Scheitern kann sich niemand leisten. Denn dann würde von dem einstmals stolzen europäischen Vogel nicht mal mehr ein hässliches Entlein übrig bleiben. Und Deutschland müsste seine Rüstungsgüter doch im Ausland kaufen

Quelle: ntv.de

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