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FDP sagt leise Servus Aufgeschoben - aufgehoben

Hermann-Otto Solms übernahm den Job, die massiven Forderungen der Liberalen wieder ein Stückchen mehr verschwinden zu lassen.

Hermann-Otto Solms übernahm den Job, die massiven Forderungen der Liberalen wieder ein Stückchen mehr verschwinden zu lassen.

(Foto: REUTERS)

Stück für Stück kommt die FDP in der von Kassenbüchern geprägten Realpolitik an. Vorbei ist die Zeit, in der die Liberalen roboterhaft Steuersenkungen fordern konnten, ohne über Konsequenzen nachdenken zu müssen. Immerhin: 14,6 Prozent Zustimmung hatte das gebracht. Die Löcher in den Straßen sind allerdings zu tief, die Schwimmbäder in den Städten zu ausgetrocknet und das Nein des Finanzministers zu streng, um ernsthaft noch Entlastungen von über 35 Milliarden Euro zu fordern, wie FDP-Chef Westerwelle dies vor der Bundestagswahl tat. Nun backt man also kleinere Brötchen.

Zunächst mal sollen angesichts des Horror-Haushaltes 2010 alle Steuersenkungspläne um ein Jahr verschoben werden. Dann sind aus den einst 35 Milliarden nur noch 16 Milliarden "Entlastung" geworden. Der ursprünglich dreistufig geplante Steuertarif soll nun doch fünf Stufen haben. Und Eingangssteuersatz und Spitzensteuersatz bleiben in dem neuen FDP-Modell ebenso unverändert wie die sogenannte Reichensteuer von 45 Prozent für Einkommen über 250.000 Euro im Jahr. FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms beeilte sich, bei der Vorstellung des Konzepts zu betonen, die FDP mache keinen Rückzieher von ihren Wahlversprechen. Die Partei konzentriere sich auf das realistisch Machbare. Was aber heißt das? Es heißt: Die FDP macht einen Rückzieher von ihren Wahlversprechen.

Steuern werden Dauerthema bleiben in der Ehe des Traumpaares.

Steuern werden Dauerthema bleiben in der Ehe des Traumpaares.

(Foto: REUTERS)

Und das aus gutem Grund. Steuersenkungen à la FDP sind dem Bürger spätestens seit dem dicken Geschenk an das Hotelgewerbe kaum noch zu vermitteln. Die meisten Umfragen zeigen: Er will sie auch gar nicht. Die Lebenswelt des Wählers, also sein klammes Städtchen, in dem der den Verfall der baulichen und sozialen Infrastruktur täglich beobachten kann, spricht eine andere Sprache. Hier heißt es eher: Steuern sind in Ordnung – aber die Politik soll endlich vernünftig damit haushalten. Hinzu kommt, dass die Liberalen erneut offen lassen, wie genau sie die jetzt 16 Milliarden eigentlich gegenfinanzieren wollen. Sie gehen vielmehr davon aus, dass sich die Steuersenkung zu etwa 50 Prozent durch stärkeres Wirtschaftswachstum quasi von selbst finanziert. Auf dieser Hoffnung ein Steuerkonzept zu errichten, ist in Zeiten einer längst nicht ausgestandenen Finanzkrise mindestens naiv, wenn nicht gar unseriös.

So erreicht die FDP auch mit ihrem abgespeckten Steuerkonzept kein glaubhaftes Fahrwasser. Hatte Kanzlerin Merkel mit dem halbwegs missglückten "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" noch starke Zugeständnisse an ihren neuen Wunsch-Koalitionspartner gemacht, um ihn nicht allzu schnell zu entzaubern, muss sie in den Verhandlungen mit der FDP demnächst umso mehr zeigen, dass sie es ernst meint mit einem Konsolidierungskurs, der alle Belange der Gesellschaft berücksichtigt. Und das bedeutet: Viel wird nicht ankommen von den FDP-Plänen. Das ist gut für das Land – und schlecht für die FDP. Denn für Westerwelle und Co. wird zunehmend zum Problem, dass sich eine Partei, die monothematisch auf Steuersenkungen setzt, die gar nicht möglich sind, der Bedeutungslosigkeit an den Hals schmeißt.

Quelle: ntv.de

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