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Zwischenruf Das dunkelgrüne Projekt

Von Manfred Bleskin

Die Grünen haben ein Problem. Eigentlich war das schon immer so. Entstanden aus einem bunten Politgemisch, das von tiefschwarz bis dunkelrot reichte, sucht die einstige "single issue party" bis auf den Tag nach einem festen Platz im deutschen Parteiensystem. Nimmt man den Gründungskonsens "sozial, ökologisch, basisdemokratisch und pazifistisch" als Messlatte, dann steht die Partei links von der Mitte. Von dort aus hat sie viel bewegt: Es ist das historische Verdienst der Grünen, der Gesellschaft klar gemacht zu haben, dass eines ihrer Grundprobleme in der Bewahrung ihrer natürlichen Umwelt besteht. Ohne die Grünen würden die Konservativen heuer wohl kaum von Klimaschutz reden. Und ohne die deutschen Grünen gäbe es wohl kaum ähnliche Parteien in vielen anderen Ländern.

Doch verflossene Wasser bewegen keine Mühlen. Nachschub tut not. Parteichef Reinhard Bütikofer schiebt nach. Noch vor Wochen hatte er sich ziemlich zugeknöpft gezeigt, wenn Leute aus den eigenen Reihen ein Bündnis mit der Union auf Bundesebene nach den nächsten Parlamentswahlen für möglich hielten. Avancen in Richtung "Jamaika"-Koalition unter Einschluss der Liberalen gar hatten die Grünen vor dem jüngsten Urnengang noch entrüstet von sich gewiesen. Jetzt verschießt der Jäger aus der Kurpfalz sein Pulver, bevor die Jagd so richtig begonnen hat. Nun wird gern eingewandt, es gäbe ja schon Erfahrungen mit schwarz-grünen Allianzen - Stichwort: Frankfurt. So wichtig die Metropole am Main finanzpolitisch auch sein mag, bundespolitisch ist das Bündnis im Römer irrelevant.

Mit den Bütikoferschen Erklärungen rücken die Grünen ein weiteres Stück weg von der SPD, oder, bittschön, von links zur Mitte, mit der sie sich in der Regierung mehr oder weniger kommod eingerichtet hatte. Der Grünenvorsitzende schreitet nach dem Motto "Dem Mutigen ist das Glück hold" voran. Doch das Glück kommt bekanntlich meist in einem schmalen Bach, das Unglück manchmal in einem reißenden Strom.

Die Grünen, folgen sie den Worten ihres Vorsitzenden, laufen Gefahr, zur FDP light zu werden. Juniorpartner von Großen um - fast - jeden Preis. Dies kann den linken Flügel der Partei nur ermutigen, sich einer neuen Linkspartei anzunähern oder vielleicht sogar anzuschließen. Reinhard Bütikofer hätte seine Büchse erst nach den nächsten Bundestagwahlen abschießen und bis dahin allein durch den grünen Forst pirschen sollen. Denn der Schuss kann leicht nach hinten losgehen. "Die Zukunft ist grün" ist der Name des aktuellen Grundsatzprogramms von Bündnis 90/Die Grünen. Nun droht der schwarze Pulverdampf aus dem grüne ein dunkelgrünes Projekt zu machen.

Quelle: ntv.de

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