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Trauerfeier für Mandela Merkel hätte fahren sollen

Bundeskanzlerin Merkel trägt sich in der südafrikanischen Botschaft in ein Kondolenzbuch ein.

Bundeskanzlerin Merkel trägt sich in der südafrikanischen Botschaft in ein Kondolenzbuch ein.

(Foto: imago stock&people)

Politiker aus der ganzen Welt strömen nach Südafrika, um Nelson Mandela die letzte Ehre zu erweisen. Nur die mächtigste Frau der Welt bleibt lieber zu Hause. Das ist ein Fehler.

Aus den USA reisen gleich vier Präsidenten zur Trauerfeier für den verstorbenen südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela: der amtierende Staatschef Barack Obama sowie seine Vorgänger George W. Bush, Bill Clinton und Jimmy Carter. George Bush senior, der einzige weitere noch lebende ehemalige Präsident der USA, ließ sich entschuldigen. Sein Sprecher sagte, der 89-Jährige könne so lange Flüge nicht mehr unternehmen.

Merkels Eintrag im Kondolenzbuch der Botschaft.

Merkels Eintrag im Kondolenzbuch der Botschaft.

(Foto: dpa)

Auch die 87-jährige britische Königin lässt sich vertreten. Sie schickt ihren Sohn Charles - was den britischen Premierminister David Cameron nicht davon abhält, ebenfalls nach Südafrika zu reisen. Auch er bringt drei Vorgänger mit: Gordon Brown, Tony Blair und John Major. Ebenfalls angekündigt: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und sein Vorgänger Kofi Annan. Frankreichs Staatschef François Hollande und Ex-Präsident Nicolas Sarkozy reisen getrennt - die Wunden aus dem Wahlkampf sind wohl noch nicht verheilt.

Aus der ganzen Welt strömen Politiker nach Südafrika. "Wir sind jetzt bei 91 bestätigten Staats- und Regierungschefs plus 10 früheren Staatschefs", teilte der Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums, Clayson Monyela, via Twitter mit. Eine der Trauerreden wird der kubanische Präsident Raúl Castro halten, eine andere Obama. Allein das ist eine historische Situation. Vielleicht kommt es gar zum Handschlag der Erzfeinde.

Nur eine bleibt zu Hause

Falls Obama Castro die Hand reichen wird, wird die mächtigste Politikerin dieser Welt nicht dabei sein: Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hat es vorgezogen, zu Hause zu bleiben. Deutschland wird vertreten durch Bundespräsident Joachim Gauck. Protokollarisch ist das völlig in Ordnung. Aber im Vergleich zu den Besuchergruppen aus anderen Teilen der Welt fällt Deutschland damit deutlich ab.

Immerhin unterlief Merkel nicht die Peinlichkeit, ihr Fernbleiben mit finanziellen Gründen zu rechtfertigen, wie Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dies tat. Noch blamabler war nur der tschechische Ministerpräsident Jiri Rusnok. Er beschwerte sich im Abgeordnetenhaus, zur Trauerfeier nach Südafrika fahren zu müssen. Was er nicht wusste: Die Kameras liefen, seine Worte wurden aufgezeichnet. "Jetzt ist auch noch der Mandela gestorben", sagte er. "Ich zittere davor, dort hinfahren zu müssen."

Ist es die Weihnachtsfeier?

Warum Merkel lieber in Deutschland bleibt, ist nicht bekannt. Am Montag trug sie sich ins Kondolenzbuch der südafrikanischen Botschaft ein. Nimmt sie heute lieber an der Weihnachtsfeier in der CDU-Zentrale teil? Andere Termine finden sich in ihren öffentlichen Kalendern nicht.

Es gibt Politiker, die gelegentlich beklagen, dass Deutschland in der Welt nicht ernst genommen wird, weil die Bundesrepublik nicht bereit ist, jeden Krieg der Verbündeten vorbehaltlos mitzumachen. Da mag etwas dran sein, wobei zu fragen wäre, ob dieser Preis für eine Image-Aufwertung nicht etwas hoch ist. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass Deutschland sich selbst nicht ernst nimmt.

Natürlich, die Reise der Kanzlerin wäre nur ein Symbol, und auf Symbole legt die Technikerin der Macht bekanntlich keinen Wert. Dennoch offenbart sich hier ein Mangel ein Feingefühl und politischem Instinkt. Merkel hätte stutzig werden sollen, als abzusehen war, dass der Rest der Welt es anders macht als sie.

Quelle: ntv.de

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