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Brüssel plant Steuer auf Plastiktüten EU muss Bürgern Bequemlichkeit austreiben

(Foto: AP)

Totale Bevormundung, maximale Bürokratie? Ja. Und trotzdem ist eine Steuer auf Plastiktüten nötig. Wenn die nicht wirkt, sogar ein Verbot.

Die Eurozone steckt in der Krise. Die NSA späht Brüsseler Behörden aus. Syriens Präsident Baschar al Assad führt Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Und was macht die EU-Kommission? Sie erlässt neue Verbote für ihre Bürger. Jetzt will sie den Europäern auch noch vorschreiben, in was für Tüten sie ihre Einkäufe nach Hause tragen dürfen. Das ist das ganz große Klein-Klein. Das sind die Auswüchse einer überbordenden Bürokratie. Das ist das Zeugnis eines unerträglichen Paternalismus.

So viel zu den üblichen Reflexen, die sich jedes Mal entfesseln, wenn Brüssel eine neue Verordnung präsentiert. Auch jetzt, da die Pläne der Kommission, eine Steuer auf leichte Plastiktüten zu erheben, langsam an die Öffentlichkeit dringen, brechen sie wieder hervor. Doch lässt man den Populismus beiseite, ist klar: Eine Steuer auf Plastiktüten, ja selbst ein Verbot, sollte die Abgabe nicht wirken, ist längst überfällig.

Die Liste der Argumente für die Steuer ist lang. Für die Herstellung der Tüten sind Millionen Liter Erdöl notwendig. Und sind sie dann unter großem Energieeinsatz einmal produziert, vergammeln sie nicht einfach wieder. Bis zur vollständigen Zersetzung braucht eine gewöhnliche Plastiktüte bis zu 500 Jahre. Die Reste der unachtsam weggeschmissenen Stücke landen im Meer, in den Mägen von Vögeln und Fischen und damit letztlich auch in den Mägen des Menschen.

Umweltschützer und Klimaforscher können noch etliche derartiger Argumente aufführen. Die Liste der Argumente gegen eine Plastiktütensteuer fällt im Vergleich kurz aus und kann kaum überzeugen. Sie besteht nur aus zwei Punkten: Bequemlichkeit und Geiz.

198 Tüten pro Jahr

Plastiktüten sind praktisch und billig. Die leichten Varianten, um die es der EU vorrangig geht, gibt es in der Regel sogar umsonst. Wie schädlich der gedankenlose Umgang mit ihnen ist, ist allerdings kein Geheimnis. Und dass sie nur billig sind, weil die Folgekosten die Produktionskosten nicht beeinflussen,  dürfte mittlerweile jedem bekannt sein. Und trotzdem gilt: Wer seinen Jutebeutel vergisst, greift zu. Ein Beleg: Nach Angaben der EU-Kommission verbraucht ein EU-Bürger im Schnitt 198 Plastiktüten pro Jahr. Die Alternative, die Papiertüte, verstaubt im Regal, denn die lassen sich die Supermarkt- und Drogerieketten bezahlen.

Ja, eine Steuer auf Plastiktüten ist ein Beleg der Brüsseler Bürokratie. Und sie ist ein Zeugnis einer weitreichenden Bevormundung des Bürgers. Vor allem aber ist sie nötig. Wer schusselig und bequem ist und dann noch zu geizig, um zu einer umweltverträglicheren Alternative zu greifen, soll zahlen. Und zwar kräftig.

Natürlich klingt es abschreckend, wenn es heißt: Die Politik muss der Gesellschaft ihre Laster austreiben. Geht es um die Ökologie, gilt allerdings: Gelingt es nicht, die Menschen zu einem bewussten Konsumverhalten und die Industrie zu Investitionen in umweltverträglichere Produkte zu bewegen, wird es auf dieser Welt schnell wirklich unbequem - und richtig teuer.

Quelle: ntv.de

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