Zwischenruf Es darf gezweifelt werden
16.10.2008, 19:24 UhrAm Donnerstagnachmittag hat der Bundestag die Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan um 14 Monate und die Aufstockung des deutschen Kontingents von 3.500 auf 4.500 Soldaten beschlossen.
Für die Verlängerung votierten 442 Abgeordnete, 96 stimmten dagegen und 32 enthielten sich. Vor einem Jahr waren noch von 581 Parlamentariern noch 453 dafür, 79 dagegen, 48 hatten sich enthalten. Offensichtlich wächst also auch in der Koalition die Zahl jener, die Zweifel am Erfolg der Mission haben.
In der Gesetzesvorlage der Bundesregierung heißt es zur Begründung, "durch das Engagement der internationalen Gemeinschaft ( sei) es gelungen, in Afghanistan eine auf demokratischen Grundsätzen basierende politische Ordnung zu etablieren und die grundsätzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass das Land nicht erneut zu einem sicheren Hafen für internationale Terroristen wird". Nun ist Afghanistan von einer Demokratie so weit entfernt wie die Erde von der Sonne, die auf die Mohnfelder scheint und Afghanistan wieder zum weltweit wichtigsten Produzenten von Opium gemacht hat. Die religiösen Fanatiker der Taliban sind erneut zu einer national bedeutenden Kraft geworden, Präsident Hamid Karsai herrscht nur noch mit Hilfe von Warlords, die vielfach ebenso viel Dreck am Stecken haben wie die Taliban. Gewiss, es gibt erfreuliche Leuchttürme der Entwicklungspolitik. Doch an einem militärischen Erfolg zweifelt sogar das britische Oberkommando am Hindukusch.
Auf den Tag zehn Jahre ist es her, dass der Bundestag für den ersten Kampfeinsatz deutscher Streitkräfte außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik stimmte. Es ging um die Bombardierung Jugoslawiens. So sollte eine humanitäre Katastrophe verhindert werden, hieß es zur Begründung. Zu jenem Zeitpunkt waren rund 50.000 Albaner aus ihren Häusern geflohen oder von serbischen Tschetniks vertrieben worden. Als fünf Monate später der NATO-Luftkrieg begann, waren bis zu 800.000 Menschen auf der Flucht. Vor Repressalien der Serben, sagten die einen, aus Furcht vor den Bomben die anderen. Die Wahrheit liegt, wie zumeist, wohl in der Mitte. Nach dem Ende der Luftangriffe jedenfalls vertrieben albanische Milizen die Mehrheit der Nichtalbaner. Heute 240.000 Menschen insgesamt, nicht nur Serben, auch Sinti und Roma. Das Kosovo hat sich für unabhängig erklärt, Hilfsgelder in Milliardenhöhe haben nicht zu einem selbst tragenden Aufschwung geführt, die Arbeitslosigkeit liegt bei 43 Prozent. Das Kosovo befindet sich laut Bundesnachrichtendienst fest im Griff der Organisierten Kriminalität.
Ziel beider Missionen war und ist es, die Welt sicherer zu machen. Bislang ist das kaum gelungen. Man stelle sich vor, was mit den Milliarden hätte aufgebaut werden können, die seit dem 16. Oktober 1998 für Militäreinsätze ausgegeben wurden. So zynisch es klingt: Sicherheit kann käuflich sein, herbei geschossen werden kann sie nicht.
Quelle: ntv.de