Zwischenruf FDP: Butter oder Margarine?
28.06.2010, 16:01 Uhr
(Foto: dpa)
Die FDP hätte bei ihrer Klausurtagung Butter bei die Fische geben müssen. Hat sie aber nicht. Also bleibt die Personalie Westerwelle weiterhin ein Problem - eins unter vielen.
Ein Aufbruch ist es gerade nicht, was die FDP da verspricht, aber auch kein neuer Einbruch. Hoffnungsvoll stimmt, dass Parteichef Guido Westerwelle zu Ansätzen von Selbstkritik in der Lage ist. Das selbstherrliche Auftreten ist einer der Hauptgründe für den Absturz auf fünf Prozent. Der Vizekanzler und Bundesaußenminister wäre gut beraten, den Job als Parteivorsitzender abzugeben. Das war den Sozialdemokraten zu Zeiten mit dem Spitzenduo Schröder-Müntefering gar nicht so schlecht bekommen.
Die Personalie Westerwelle ist aber beileibe nicht das einzige Problem. Der Denkfehler in der Wählerstimmenanalyse war der Glaube, die Freien Demokraten hätten neue Stammwähler hinzugewonnen. Die meisten aber hatten für die FDP votiert, weil sie auf rasche Steuersenkungen gehofft hatten. Das Festhalten an den, in Krisenzeiten zumal, aberwitzigen Steuersenkungsplänen hat die Wähler dann in dem Maße abgestoßen, in dem immer deutlicher wurde, dass die Wahlversprechen weder über kurz noch über lang wahr würden.
Die "Steuer-oder-so"-Partei
Wenn nun die Neubesinnung darin besteht, bis zum Herbst Vorschläge zur Vereinfachung des Steuersystems vorlegen zu wollen, bleibt die FDP die "Steuer-oder-so"-Partei. Auch die Forderung, den Katalog der Mehrwertsteuervergünstigungen zu überarbeiten, ist halbherzig und droht wieder einmal, die Schwächsten zu benachteiligen. Hier hätte ein offenes Wort zum Kotau vor den Hoteliers Wunder bewirken können. Aber nein.
Die FDP muss weg vom Image der Partei der Besserverdienenden, an dem sie im Bundestagswalkampf schon ein klitzekleines bisschen gekratzt hatte. Nicht die Millionäre machen die Stimmen aus, sondern die Millionen. Das haben im Übrigen auch die Spitzen der Wirtschaft erkannt, die "ihrer" Partei immer weniger Kompetenz in ökonomischen Fragen zubilligen.
Neues Ungemach steht ins Haus
Liberalismus ist mehr als Wirtschaft. Bürgerrechte, Datenschutz, Meinungsfreiheit und Klimaschutz, das sind Bereiche, welche die FDP auf der bürgerlichen Seite peu à peu an die Grünen abgegeben hat. Die Freidemokraten können es sich nicht leisten, mit einem neuen Programm bis zum Herbst und danach zu warten. Neue Eckpunkte müssen jetzt her. Denn schon bei der Präsidentenwahl am Mittwoch steht neues Ungemach ins Haus. Guido Westerwelle, wird es dann heißen, hat seinen Laden nicht im Griff, wenn Christian Wulff es nicht beim ersten Anlauf schafft.
Da wäre es besser gewesen, die FDP hätte heute schon Butter bei Fische gegeben und nicht Margarine.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de