Zwischenruf Führt Zypern zum Streit mit Russland?
18.03.2013, 16:52 Uhr
(Foto: REUTERS)
Im Streit um die Bedingungen für die Gewährung eines Milliardenkredits zur Rettung Zyperns vor einem Staatsbankrott geht es nicht nur um die Belastung von Kleinsparern. Das Problem kann zu einer veritablen Machtprobe zwischen Russland auf der einen, der EU und der Nato auf der anderen Seite zu werden.
Fast hat es den Anschein, als wäre Zypern Teil des "nahen Auslands", wie Moskau gern die meisten der ehemaligen sowjetischen Unionsrepubliken nennt. So ungewöhnlich scharf ist die Reaktion von Präsident Wladimir Putin auf die Bedingungen für das Hilfspaket von EU, IWF und EZB. Der Grund ist offensichtlich: Mehr als 30 Milliarden US-Dollar haben russischen Banken und Unternehmen auf zypriotischen Banken deponiert. Ob es sich dabei ausschließlich um Schwarzgeld handelt, ist fraglich.
Wenn nun Privatanleger im Falle der Gewährung des Hilfspakets mit zur Kasse gebeten werden sollen, wären in jedem Fall auch russische Kontoinhaber betroffen. Zwar ist Putins Mannschaft alles im Prinzip alles andere als begeistert über russische Geldanlagen im Ausland. Doch im Falle Zyperns gehen finanzpolitische und geostrategische Interessen Hand in Hand.
Russland und Zypern haben sich in der Amtszeit des abgewählten kommunistischen Staatspräsidenten Dimitris Christofias von Februar 2008 bis Februar dieses Jahres politisch und wirtschaftlich angenähert. Das Angebot der Nato, das Land in die "Partnerschaft für Frieden" einzubeziehen, scheiterte am Einspruch des Staatschefs. An dem Programm sind fast alle ehemaligen Sowjetrepubliken beteiligt. Immer wieder heißt es, der Kreml strebe im Falle des Verlustes seiner einzigen Militärbasis am Mittelmeer im syrischen Tartus die Errichtung eines Stützpunktes auf Zypern an. Großbritannien unterhält in Akrotiri und Dekelia bereits zwei Marinebasen, die sogar exterritorialen Status genießen und zum Vereinten Königreich gehören. Zypern war bis 1960 britische Kolonie. Eine russische Basis, nur ein paar Steinwürfe entfernt, würde Interessen des UK empfindlich treffen.
Im Unterschied zu London hatte Moskau Nikosia einen Kredit in Milliardenhöhe gewährt. Dessen Ausweitung, die Gewährung einer neuen Anleihe und eine Rekapitalisierung zypriotischer Banken durch private russische Geldinstitute sollten Themen des nunmehr verschobenen Besuchs des zypriotischen Finanzministers Michalis Sarris sein. Das Gezerre um die Rettung Zyperns vor dem Staatsbankrott wird immer mehr auch zu einer Machtprobe zwischen Moskau und Brüssel, wobei die belgische Hauptstadt hier nicht nur für die EU, sondern auch für das Atlantische Bündnis steht.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de