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Afghanen in PakistanLasst sie endlich einreisen

12.12.2025, 18:40 Uhr RTL01231-1Ein Kommentar von Volker Petersen
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Innenminister Dobrindt tut alles, um die Einreise der in Pakistan ausharrenden Afghanen zu verhindern. (Foto: picture alliance/dpa)

In Pakistan warten afghanische Flüchtlinge seit Monaten auf ihre Ausreise nach Deutschland. Dabei geht es nicht nur um Ortskräfte, die der Bundeswehr einst halfen. Sie sollten dennoch einreisen dürfen.

Afghanistan? War da was? Ewig her, nur noch ganz klein im Rückspiegel zu erkennen – den Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Debatte dazu verfolgt. Doch auch nach dem Abzug der Bundeswehr aus dem Land im Jahr 2021, bleibt das Thema wichtig. Denn noch immer hat Deutschland nicht alle Ortskräfte aufgenommen, die in den 20 Jahren davor der Bundeswehr oder anderen deutschen Institutionen geholfen haben.

Gerade harren noch etwa 1800 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan aus und hoffen auf eine Ausreise nach Deutschland. Doch die Bundesregierung tut alles, um die Einreise der Gestrandeten zu vermeiden. Innenminister Alexander Dobrindt hat ihnen Geld geboten, damit sie nach Afghanistan zurückkehren. Diese Woche strich er 640 von ihnen die Zusage, sie nach Deutschland aufzunehmen. Sie sollten über die Menschenrechtsliste und das Überbrückungsprogramm einreisen.

Die rechtlichen Feinheiten sind kompliziert, aber im Prinzip geht es um zwei Fragen: Dürfen Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland kommen, die für die Bundeswehr oder andere deutsche Einrichtungen gearbeitet haben? Und: Dürfen auch jene nach Deutschland kommen, die sich für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie eingesetzt haben?

38.000 wurden bereits aufgenommen

Aus diesen Gruppen setzen sich die 1800 in Pakistan verbliebenen Geflüchteten zusammen. Über die Ortskräfte sind sich alle außer der AfD einig - sie sollen kommen dürfen, meinen Union, SPD, Grüne und Linke., zumindest im Grundsatz. Die AfD ist dagegen. Für die Ortskräfte gibt es ein eigenes Aufnahmeprogramm. 45.000 Afghanen wurde so eine Zusage gemacht, 38.000 sind bereits nach Deutschland gekommen.

Bei den Taliban-Gegnern gehen die Meinungen auseinander. Die Union sieht sich nicht in der Pflicht, sie nach Deutschland zu holen. In einer Debatte im Bundestag im Oktober argumentierte CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt, die Lage in Afghanistan sei gar nicht so schlimm wie befürchtet. Die Taliban hätten keinen großen Rachefeldzug gestartet. Es gebe überall auf der Welt menschenverachtende Regime, aber Deutschland könne nicht alle Bedrohten der Welt aufnehmen, so Hardt sinngemäß.

Auch rechtlich hat die Bundesregierung Argumente auf ihrer Seite. Menschenrechtsliste und Überbrückungsprogramm sind nicht verbindlich, weshalb Dobrindt die Aufnahmezusage einfach zurücknehmen konnte. Etwas anders sieht es beim Bundesaufnahmeprogramm, das die Ampelkoalition vor drei Jahren ins Leben rief. Es sollte Afghanen mit Ausreisezusage mehr rechtliche Sicherheit geben. Außenministerin Annalena Baerbock sagte damals, es richte sich auch besonders an unterdrückte Frauen und Mädchen. 1000 Menschen pro Monat sollten darüber nach Deutschland kommen - am Ende waren es viel weniger, weil es in dem Verfahren viele Komplikationen gab.

Auf Zusage verlassen

Die neue schwarz-rote Koalition hat dieses Aufnahmeprogramm beendet und vergibt keine neuen Zusagen mehr. Doch die bereits gemachten Zusagen sind rechtsverbindlich, wie mehrere Gerichte in Einzelfallentscheidungen bestätigt haben. Daran will - und muss - sich die Bundesregierung halten.

Voraussetzung für eine tatsächliche Einreise nach Deutschland ist eine erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung und das ist auch gut so. Aber sonst jedes Schlupfloch zu nutzen, um die Flüchtlinge abzuweisen, die keine rechtsverbindliche Zusage erhalten hatten, , ist kleinlich und peinlich. Deutschland hat diesen Menschen eine Zusage gemacht und darf sie jetzt nicht hängen lassen. Diese Afghanen in Pakistan haben sich auf die deutsche Zusage verlassen. Teilweise haben sie Hab und Gut in der Heimat verkauft. Außerdem läuft diesen Menschen die Zeit davon. Pakistan will sie bis Ende dieses Jahres abschieben. Bei einigen ist das bereits passiert.

Sich herausmogeln sollte für eine deutsche Regierung keine Option sein. Gerade dann nicht, wenn es um genau die Afghanen geht, die für genau die Werte kämpfen, die Deutsche ihnen 20 Jahre lang vermitteln wollten.

Quelle: ntv.de

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