Viele Fragen, keine Antworten Merkel erklärt nichts
17.03.2011, 13:30 Uhr
Beschwörende Geste, keine Antworten: Merkel im Bundestag.
(Foto: dapd)
Nach dem Moratorium werde die Lage eine andere sein als vorher, sagt Kanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung. Genaueres wird nicht verraten. Damit gilt: Die Begründung des atompolitischen Kurswechsels ist wenig plausibel, die rechtliche Grundlage zweifelhaft, das Ziel noch völlig unklar.
Glaubwürdigkeit ist für Politiker eine der wichtigsten Währungen. Oft reicht der Anschein von Glaubwürdigkeit - die berühmte Authentizität. Wenn beides fehlt, haben Politiker ein Problem.
Das merkt derzeit die Union. Ihre atompolitische Wende warf zunächst die Frage auf, wie intensiv CDU und CSU bislang über die Sicherheit von Kernkraft nachgedacht haben. Wie schwer es ist, den Kurswechsel zu begründen, demonstrierte niemand so deutlich wie der baden-württembergische Ministerpräsident am Montag beim gemeinsamen Auftritt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Ich mach' keine Kehrtwende", sagte Stefan Mappus. Noch vor wenigen Monaten konnte die Laufzeitverlängerung für Mappus nicht lang genug sein. Er wirkt fast hilflos jetzt.
Fünf Tage nach der Wende, die so nicht genannt werden darf, gibt Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung ab. Vordergründig geht es um die Energiepolitik der Zukunft, es geht aber auch darum, Glaubwürdigkeit und Souveränität zurückzugewinnen. Die Union und mit ihr die FDP, die den Entscheidungen des großen Partners eher hinterherzulaufen scheint, droht auf mehreren Ebenen zu scheitern: Die Begründung des Kurswechsels ist wenig plausibel, die rechtliche Grundlage ist offensichtlich zweifelhaft, das Ziel ist noch völlig unklar.
Die Regierungserklärung ändert nichts an diesem Befund. Gegen das Urteil von Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hält Merkel die Abschaltung der sieben Alt-AKWs für rechtlich einwandfrei. Was der Sinn ihres "Moratoriums" ist, kann sie nicht überzeugend darlegen - zurück zum rot-grünen Atomausstieg wolle sie nicht, sagt sie, an der schwarz-gelben Laufzeitverlängerung wird offenbar nicht gerüttelt. Und immer wieder der Satz: Nach dem Moratorium werde die Lage eine andere sein als vorher. Was immer das bedeuten soll.
Merkel lässt in diesen Tagen viele Fragen offen: Dürfen die Betreiber die Laufzeiten der ältesten deutschen Kernkraftwerke auf die neueren Anlagen übertragen? Wie bereitet sich die Bundesregierung auf die zu erwartenden Klagen der Atomkonzerne vor? Warum laufen die sieben Altmeiler überhaupt noch, wenn auch ohne sie keine Stromlücke zu erwarten ist? Ist Merkel überhaupt davon überzeugt, dass der letztlich ja auch von der Union geplante Atomausstieg richtig ist?
In ihrer Regierungserklärung forderte die Kanzlerin einen "Ausstieg mit Augenmaß". Genau das war der Plan. Allerdings nur bis zur schwarz-gelben Laufzeitverlängerung. Aus diesem Glaubwürdigkeitsproblem hat Merkel sich bislang nicht befreien können.
Quelle: ntv.de