Zwischenruf Ruhe und Hygiene bewahren
27.04.2009, 13:43 UhrWie bei allen Seuchen der vergangenen Jahre macht sich vielerorts Panik breit. Wie bei SARS, Vogelgrippe, Rinderwahn und anderen ist aber auch diesmal Besonnenheit die erste Bürgerpflicht. Keine dieser Krankheiten hat ein menschheitsbedrohendes Ausmaß angenommen, weil rasch Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. Zunächst gibt es nur vergleichweise wenige Fälle, und die konzentrieren sich auf Mexiko und angrenzende Teile der USA. In Deutschland existiert ein Notplan für Seuchenfälle, der eine rasche und effiziente Reaktion möglich macht. Einmal festgestellt, reichen normale Grippemedikamente aus, um die Krankheit zu besiegen. Pharmaziekonzerne informieren, dass sie über ausreichend Gegenmittel verfügen. Die Weltgesundheitsorganisation ist alarmiert, das Zusammenspiel mit den nationalen Gesundheitsbehörden funktioniert.
Gleichwohl ist Vorsicht geboten: Mit dem Flugzeug braucht man nicht mehr 80 Tage, um die Erde zu umrunden. Die spanische Regierung hat bereits einen ersten Fall bestätigt. Der Mann war erst vor kurzem aus Mexiko zurückgekehrt. Damit ist das Virus in Europa angekommen.
Symptome nicht auf die leichte Schulter nehmen
Oft wird die "Spanische Grippe" beschworen, die nach dem 1. Weltkrieg mindestens 25 Millionen Menschen das Leben kostete. Begünstigt wurde die Ausbreitung durch mangelnde Hygiene an den Fronten, was aber angesichts zehntausender Toter bei den Kämpfen kaum zur Kenntnis genommen wurde. Als die Seuche um sich griff, wurden die Nachrichten darüber unterdrückt. "Spanische Grippe" wurde sie genant, weil Zeitungen des neutralen Königreichs als erste ausführlich darüber berichteten. Damals unterdrückten die kriegführenden Staaten aber die Nachrichten von Erkrankungen, gerade an den Fronten. Es ist begrüßenswert, dass Mexikos Regierung so rasch und umfassend informiert hat.
Das Virus kann sich in Windeseile auch in Deutschland ausbreiten, wenn nicht an den Airports und in den Seehäfen auf die Symptome gründlich kontrolliert wird. Die ähneln der einer gewöhnlichen Grippe, sollten aber gerade deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Die Schweinegrippe ist in der Vergangenheit in einigen wenigen Fällen vom Tier auf den Menschen übertragen worden. Die Anzahl der Fälle legt jedoch nahe, dass das Virus mittlerweile auch von Mensch zu Mensch gelangt.
Als mögliche Ursache gilt den Wissenschaftlern eine so genannte Doppelinfektion. Eine gleichzeitige Infektion mit einem Virus aus einem Schweinestall und menschlicher Umgebung kann zu einer Mutation des Virus' geführt haben, das beim Menschen tödlich sein kann. Bei Schweinen hingegen führt die Krankheit nur in wenigen Fällen zum Tod. Die Infektion geschieht durch Tröpfchen, also Niesen und Husten. Besondere Hygiene ist deshalb angebracht. Eine Ansteckung durch den Verzehr von Schweinefleisch schließen die US-Gesundheitsbehörden aus.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de