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Zwischenruf Russisches Kamingeflüster

Angela Merkel und Dmitri Medwedew eröffnen gemeinsam die Ostseepipeline Nord Stream in Lubmin.

Angela Merkel und Dmitri Medwedew eröffnen gemeinsam die Ostseepipeline Nord Stream in Lubmin.

(Foto: dpa)

Über die Ostseepipeline soll unter Umgehung von Weißrussland, der Ukraine und Polens Erdgas nach Europa gepumpt werden. Doch das Projekt und der hohe Besuch am Greifswalder Bodden kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um die Beziehungen zwischen der EU und Deutschland auf der einen und Russland auf der anderen Seite besser bestellt sein könnte.

Zum vierten Mal nun schon hatten Russlands Botschafter Wladimir Michailowitsch Grinin und Alexander Rahr, Programmdirektor des Berthold-Beitz-Zentrums bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, zu einem als Kamingespräch getauften Gedankenaustausch mit Experten und Journalisten geladen. Eine lobenswerte Initiative, dazu angetan, Meinungen auszutauschen und Vorbehalte abzubauen. Rahr bemerkte, dass Russland und die EU bei der Entwicklung einer strategischen Partnerschaft nicht vorangekommen seien. Dazu hätten auch die Meinungsverschiedenheiten in Sachen EU-Mitgliedschaft der Ukraine beigetragen.

Grinin verwies darauf, dass der Putinsche Plan zur Bildung einer Eurasischen Union das Ergebnis des Zerfalls der UdSSR und der Entwicklung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten sei. Ein "harter Kern" existiere bereits in Gestalt der Zollunion aus Russland, Weißrussland und Kasachstan. Kirgisien und Tadschikistan hätten Interesse an einer Mitgliedschaft signalisiert. Ziel sei die Bildung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes ohne Grenzen und mit freiem Fluss der Arbeitskräfte. Mit der NATO, der EU und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) sollten gute Beziehungen hergestellt werden.

Schlacht um die Ukraine

Günter Verheugen, früherer EU-Kommissar, erklärte, ein Beitritt der Ukraine zur Zollunion wäre nicht mit einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union vereinbar. Weiter käme die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen Moskau und Brüssel nicht voran. Im Vorfeld von EU-Russland-Gipfeln würden hektische Aktivitäten entfaltet, Beschlüsse gefasst, die aber kaum in die Praxis umgesetzt würden. Karsten Voigt, einst Koordinator der für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, sagte, die Annäherung der Ukraine an Russland und EU dürfe nicht als Widerspruch aufgefasst werden. Putins Entweder-Oder sei falsch.

Botschafter Grinin meinte, es sei an der Zeit, "die Schlacht um die Ukraine" zu beenden. Verheugen betonte, die russische Wirtschaft müsse sich "in die Tiefe" entwickeln und nicht einseitig auf Rohstoffexporte orientieren. Mit dieser Forderung befindet sich Verheugen übrigens in Übereinstimmung mit dem russischen Präsidenten Dimitri Medwedew. Die Ironie: Russlands durch Rohstoffausfuhren angehäufte Devisenreserven versetzen das Land in die Lage, der hochindustrialisierten Eurozone in der Krise Finanzhilfen anzubieten.

Quelle: ntv.de

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