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Zwischenruf Söldner to the front?

Geht es nach der Bundesregierung, dann sollen bald private Wachdienste vor der Küste Somalias eingesetzt werden, um deutsche Schiffe vor Piraterie zu schützen. Keine gute Idee, findet Manfred Bleskin. Private Unsicherheitsfinger dürfen nicht mit dem Abzug spielen.

Die Absicht, zum Schutz gegen Piraten am Horn von Afrika künftig auch private Sicherheitsdienste einzusetzen, wird zufällig in diesen Tagen verkündet: Im September übernimmt die Deutsche Marine das Kommando der Operation "Atalanta" am Horn von Afrika.

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, der als Vorreiter des Projekts auftritt, ist als harter Verfechter von Law and Order bekannt. Doch er ist offensichtlich schlecht über die Stimmung in den eigenen Reihen informiert: Niedersachsens Innenressortchef Uwe Schünemann, derzeit auch Sprecher der Innenminister der CDU-geführten Landesregierungen und sonst nicht gerade zartbesaitet, hat Recht: Die Bekämpfung des Piratenunwesens ist eine hoheitliche Aufgabe. Allerdings wäre Schünemann nicht Schünemann, wenn er nicht doch ein Hintertürchen offenlassen würde: Flankierend könnten die Privaten schon eingesetzt werden. Das ist politisches Schnipsgummi, nach Belieben dehnbar.

Besorgniserregend ist nicht allein, dass der Staat mit dem Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen eigene Unfähigkeit eingesteht. Wenn ihnen im Zuge der Uhlschen Pläne durch Änderung der Waffengesetzgebung auch der Besitz von Kriegswaffen erlaubt wird, entstehen regelrechte Privatarmeen. Diese können sich leicht der demokratischen Kontrolle durch den Staat entziehen; nicht nur beim Auslandseinsatz. Auch daheim! Nicht, dass es nicht schon private Sicherheitsleute an Bord von Handelsschiffen gäbe. Aber der Einsatz erfolgt in der juristischen Grauzone des Nichtverbots. Käme der Vorschlag durchs Parlament, wäre das Ganze legal. Könnten dann sogar Fördergelder beantragt werden?

Private Sicherheitsfirmen boomen

Private Sicherheitsfirmen erleben seit dem Ende des Kalten Krieges einen wahren Boom und gehören – von der Öffentlichkeit kaum bemerkt – zu den einträglichsten "Wirtschafts"zweigen. Oft sind ehemalige Bundeswehrangehörige federführend oder als Mitarbeiter dabei. Oft rekrutieren die Dienste auch in der rechtsradikalen Szene. Während der jugoslawischen Erbfolgekriege waren Deutsche gern gesehene Gäste bei kroatischen Milizen. US-Dienste waren im Irak in Morde verwickelt. Sie sind dort wie auch in Afghanistan weiter aktiv. Manchmal unter neuem Namen, weil der alte gar zu sehr diskreditiert ist. Ihre Angehörigen bilden Soldaten und Polizisten aus; ihnen obliegt sogar das Gros der Sicherung von Regierungsmitgliedern und Regierungsgebäuden. Auftraggeber ist zumeist das Pentagon. Selbst wenn die Vereinigten Staaten ihre Truppen aus beiden Ländern bis zum letzten Mann abziehen sollten, wären immer noch starke US-Militärkräfte präsent.

Der Einsatz privater deutscher Sicherheitsdienste am Horn von Afrika wäre nichts anderes als die Fortsetzung des Neoliberalismus auf militär- und sicherheitspolitischem Gebiet. Der Neoliberalismus hat schon im Finanzsektor in die Sackgasse geführt. Die Bundesregierung sollte die Finger davon lassen und verhindern, dass private Unsicherheitsfinger mit dem Abzug spielen.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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