Volker Jacobs kommentiert Treffen, wo es weh tut
20.07.2007, 11:46 UhrDer Streik ist eine Kampfmaßnahme. Wer kämpft, will dort zuschlagen, wo es weh tut. Gutgemeinte Appelle, die Lokomotivführergewerkschaft solle mit dem angedrohten Streik nicht die Ferienreisenden treffen, sind deshalb naiv. Zu keiner anderen Zeit kann die GDL auf ihren Arbeitgeber stärkeren Druck ausüben. Die Versicherung der GDL, nicht gegen die Reisenden zu kämpfen, klingt nur freundlich. Deren streikbedingte Beschwernisse würde man militärisch als Kollateralschaden bezeichnen.
Die Auseinandersetzung zwischen der GDL und der Deutschen Bahn ist inzwischen derart eskaliert, dass Urabstimmung und Streik kaum noch abzuwenden sind, es sei denn, eine der beiden Seiten ist zur Kapitulation bereit. Dabei ist der wichtigere Punkt die Forderung der GDL nach einem eigenen Tarifvertrag. Davon abzurücken, wäre für die Gewerkschaft - nicht nur für ihre Führung - lebensgefährlich. Zu sehr hat sie sich gegenüber ihren Mitgliedern festgelegt. Bahnchef Mehdorn wiederum fürchtet aus gutem Grund, künftig mit verschiedenen Fachgewerkschaften verhandeln zu müssen, von denen jede den ganzen Betrieb lahm legen kann, ohne sich um einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Mitarbeitergruppen kümmern zu müssen.
Letztlich steht die ohnehin gefährdete Organisationsform der Industriegewerkschaft auf dem Spiel, bei der alle Beschäftigten eines Unternehmens von einer Gewerkschaft vertreten werden, sich verschiedene Gewerkschaften zumindest zu einer Tarifgemeinschaft zusammenschließen. Die Krankenhausärzte haben mit dem Marburger Bund, die Piloten mit der Vereinigung Cockpit vorgemacht, wie spezifische Interessen durchzusetzen sind. Ihr Argument, die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder seien mit denen der anderen Betriebsangehörigen nicht vergleichbar, können auch die Lokomotivführer in Anspruch nehmen.
Quelle: ntv.de