Kommentare

Zwischenruf Warnschuss von Rechts

In Frankreich erreicht die Chefin des rechtsextremen Front National in einer Meinungsumfrage höchste Beliebtheitswerte. Die französischen Demokraten sollten dies als Warnschuss begreifen. Bis zum Urnengang im Mai nächsten Jahres ist es nicht mehr lange hin.

Jean-Marie Le Pen.

Jean-Marie Le Pen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Ausgerechnet im Mutterland der Demokratie rangiert die neue Chefin des rechtsextremen Front National mit 23 Prozent auf Platz Eins einer des Boulevardblattes "Le Parisien" zum Thema Präsidentenwahl. Marine Le Pen auf den Plätzen folgen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und die Vorsitzende der Sozialisten, Martine Aubry mit jeweils 21 Prozent. Als der Vater und bisherige Parteianführer Jean-Marie Le Pen 1974 zum ersten Mal antrat, votierte nicht einmal ein Prozent der Franzosen für ihn.

Nun besteht kaum Gefahr, dass die Anwältin in den Palais d’Élysée einzieht. Das republikanische Bewusstsein der Franzosen von der demokratischen Rechten bis hin zur Linken hat auch 2002 gereicht, um einen Wahlsieg des Vorsitzenden des Front National zu verhindern. Doch der damalige Nutznießer und Sieger Jacques Chirac steht seit heute wegen der Veruntreuung von Staatsgeldern vor Gericht. Selbst, wenn der heutige erste Verhandlungstag aus formaljuristischen Gründen der vorerst letzte gewesen sein sollte, fragen sich viele unserer Nachbarn, auf welchen Hund die Demokratie wohl gekommen sein mag.

Marine Le Pen macht Politik mit Äußerlichkeiten, wie man das neuerdings auch hierzulande kennt. Die geschiedene Mutter zweier Kinder, die sich allein durchs Leben schlägt, ist etwas anderes als der bullige Vater, der als Offizier in Algerien Befreiungskämpfer der FLN folterte. Valérie Pécresse, Hochschul- und Forschungsminister von der Regierungspartei UMP, sagt, die Franzosen hätten Angst davor, wenn Muslime auf der Straße beten. Das ist just jener Populismus, der die einen beachtlichen Teil der Franzosen dem Original in die Arme treibt. Auch hierzulande versucht bekanntlich ein neuernannter Minister, sich als erste Amtshandlung Sporen mit der Islamdiskussion zu verdienen. In Deutschland haben wir - noch (?) – kein Original. Die französischen Demokraten sollten die Umfrage als Warnschuss begreifen. Bis zum Urnengang im Mai nächsten Jahres ist es nicht mehr lange hin.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen