Keine Frage der Gerechtigkeit Zahlen ohne Sehen und Hören
15.12.2010, 17:12 Uhr
(Foto: dpa)
Es scheint nur eine kleine semantische Änderung zu sein: Aus dem "Rundfunkgebührenstaatsvertrag" wird künftig der "Rundfunkbeitragsstaatsvertrag". Allerdings bleibt diese Änderung nicht ohne Folgen. Denn ab dem Jahr 2013 muss jeder Haushalt und jeder Betrieb, gleich ob dort ein Fernseher und Computer steht oder nicht, eine Abgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen. So haben es die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen. Jetzt müssen nur noch die Länderparlamente zustimmen.
Gewiss, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kommt mit ihrem Bildungsauftrag eine wichtige Aufgabe zu. Doch zum einen bleibt die Frage, ob die Öffentlich-Rechtlichen dem Auftrag noch gerecht werden im ständigen Wettkampf um Zuschauer und Quoten. Zum anderen ist es doch erstaunlich, dass auch derjenige nun zahlen muss, der diese Sendungen gar nicht sehen will.
Schließlich ist nicht jeder begeistert vom öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramm, nicht jeder interessiert sich für Gottschalk oder das Musikantenstadl. Noch immer gibt es Menschen, die sich weder im Internet die öffentlich-rechtlichen Seiten anschauen noch einen Fernseher besitzen. Sie zahlen gerne für ihre Zeitung oder fürs Radio – doch Sendungen wie "Sturm der Liebe" auch noch finanziell zu unterstützen, verlangt schon eine gewisse Schmerzfreiheit.
Allein die Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu empfangen, mache die Abgabe zur Pflicht, hatte der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof in einem Gutachten zum neuen Modell geschrieben. Eine seltsame Argumentation: Haben wir doch die Möglichkeit so vieles zu empfangen, obwohl wir es uns nicht ausgesucht haben. Und wenn uns etwas gegen unseren Willen aufgenötigt wird, warum müssen wir dann dennoch zahlen? Das hat mit Freiheit nur noch wenig zu tun, mit Gerechtigkeit noch weniger, wie es Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer nun großspurig verkündet. Da hilft es auch wenig, wenn Blinde und Gehörlose nur ein Drittel des Beitrags zahlen müssen – waren sie doch bislang von den Zahlungen befreit.
Quelle: ntv.de