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Pressestimmen zum Rücktritt "Berliner werden ihn wieder lieb haben"

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Es ist die Nachricht des Tages: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit tritt zurück. Nach über 13 Jahren hat der für Ausdauer bei Partys und Aktenstudium bekannte SPD-Mann genug. Die Presse fällt gemischte Urteile.

Die Welt weint Wowereit kaum eine Träne nach: "Klaus Wowereit tritt also zurück. Schade, dass er das nicht früher getan hat. Wie so viele Leute im Politik- und verwandten Showgeschäft erkannte auch Berlins Regierender Bürgermeister nicht, dass seine Zeit abgelaufen war. Nun geht er als Gescheiterter."

Die Frankfurter Rundschau mag nicht so ein vernichtendes Urteil fällen. Sie sieht auch Positives: "Was die Repräsentanz der Stadt nach innen und außen angeht, war Klaus Wowereit ein Segen wie nur Willy Brandt in der Reihe seiner Vorgänger."

In der Hauptstadt selbst weiß man seine Vorzüge ebenfalls zu schätzen: "Mag er zuletzt auch die Macht über Partei und Senatoren verloren haben sowie die Lust am politischen Alltag, Klaus Wowereit war ein starker und in seinen besten Tagen grandioser Berliner Bürgermeister", kommentiert die Berliner Morgenpost schon fast ein wenig nostalgisch.

Kritischer ist da der SPD-nahe Tagesspiegel: "Wowereit hat eine Menge ausgehalten. Die Stadt ihn auch. Wäre er nicht so ein typischer Berliner, sie hätten ihm schon länger mal den Stuhl vor die Rathaustür gestellt. Arm, aber sexy, das klingt doch nur gut als Spruch, nicht als Programm."

Auch die Magdeburger Volksstimme ziegt sich von Wowereits Rücktritt wenig überrascht: "Für Wowereit wäre nur die Eröffnung des Flughafens ein Grund gewesen, länger im Amt zu bleiben. Aber die wird vor der Wahl nicht mehr stattfinden. Sicher hat die Partei ihren geschwächten Silberrücken, dem sie schon bei der Wahl von Stöß die Gefolgschaft versagt hatte, ein wenig geschubst. Aber der Termin ist gut gewählt: Wowereit kann die Olympiabewerbung noch auf den Weg bringen und im Dezember vermutlich einen Termin für die BER-Eröffnung verkünden. Jetzt ist der Druck für ihn erst einmal weg. Die Berliner werden angesichts der Alternativen wieder anfangen, ihn lieb zu haben."

Die Berliner Zeitung hebt rückblickend Wowereits unkonventionellen Regierungsstil hervor: "'Arm, aber sexy' wurde zu Recht legendär, weil der Spruch die Lebensqualität anders definiert, als man dies von einem Bürgermeister erwartet. Gemeint war ja nicht nur die Attraktivität für Besucher von außen, sondern die Lebenslust, die sich die Bewohner untereinander bereiten. Und um die Art, wie sie ihre Probleme lösen. Hier gab es eine Menge zu tun. Verbiesterung, diese traditionelle Bürde der Berliner Lebensart, ist der Feind jeder Sexyness, jeder sozialen Erotik. Wowereit, dessen Durchhaltevermögen beim Aktenstudium jahrelang immer wieder gerühmt wurde, wollte dabei wenigstens Spaß haben."

"Es wird nicht leicht sein, einen neuen Regierenden Bürgermeister zu finden, der so gut zu Berlin passt, wie das für Klaus Wowereit lange Zeit galt", befindet die Märkische Oderzeitung aus Frankfurt/Oder. "Auch wenn ihm das BER-Desaster oder die vergeigte Neugestaltung des Tempelhofer Flughafenareals noch lange anhängen werden, Wowereit hat das Image Berlins mit geprägt. Nicht nur, weil er sich zu seiner Homosexualität bekannte, als das noch großen Mutes bedurfte. Aber auch deswegen. In seiner langen Regierungszeit ist Berlin zur weltoffenen Metropole geworden, die es längst mit anderen Weltstädten aufnehmen kann. Daran hat Wowereit seinen, gar nicht gering zu schätzenden Anteil."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Christoph Rieke

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