Pressestimmen

Grenz-Konflikt im Kosovo "Bis zur EU-Reife ist es noch weit"

Der Grenzstreit zwischen Serbien und dem Kosovo erlebt mit dem Brandanschlag auf den Übergang  Jarinje seinen negativen Höhepunkt. Der Weg zur EU-Integration der beiden Balkanstaaten scheint noch lang und steinig, ein Ende der KFOR-Mission rückt in weite Ferne. Während Serbiens Präsident Tadic sich möglicherweise mit einem renitenten Geheimdienst herumplagt, wirkt der Norden des Kosovo wie "ein rechtsfreier Raum". Indes muss die EU ihre Strategie hinterfragen: Trotz der "ungezählten (Geld)Geschenke aus Brüssel gehen Serben und Albaner wieder mit Gewalt aufeinander los, als seien sie alleine auf der Welt".

US-Soldaten in Jarinje.

US-Soldaten in Jarinje.

(Foto: REUTERS)

"Die Hauptschuld für die aktuellen Unruhen liegt sicher auf serbischer Seite", hält die Frankfurter Neue Presse fest und fügt hinzu: "Offenbar wurden durch schärfere Kontrollen an der serbisch-kosovarischen Grenze die Interessen von einflussreichen Schmugglern verletzt, was zum lancierten Ausbruch von Gewalt führte." Gift sei der neuerliche Zwischenfall vor allem für den europäischen Traum von Präsident Boris Tadic: "Dass über eine Einflussnahme des Geheimdienstes spekuliert wird, ist dem serbischen Wunsch, bald in die EU aufgenommen zu werden, nicht dienlich." Denn ein Geheimdienst, der möglicherweise die Autorität des eigenen Präsidenten untergräbt, "spricht nicht für eine gefestigte demokratische Kultur. Bis zur EU-Reife ist es noch weit."

Die Märkische Allgemeine aus Potsdam zeichnet ein düsteres Bild vom Nordkosovo: "Der Norden ist nach wie vor ein rechtsfreier Raum, in dem die Serben unkontrolliert ihre undurchsichtigen Verwaltungsstrukturen unterhalten können." Auch den "muslimischen Kosovaren" liege nur vordergründig etwas an der Demokratie. Dabei müsse Brüssel sich jedoch auch selbst hinterfragen: "Bevor weiter Millionenbeträge verpulvert werden, sollte endlich geprüft werden, was zum Beispiel die Rechtsstaatsmission der EU gebracht hat, die mit 1900 Experten funktionierende Polizei- und Justizstrukturen aufbauen wollte." So zeuge gerade der jüngste Vorfall von deren mangelnder "Durchsetzungskraft". Das Fazit des Blattes ist ernüchternd: Der Norden des Kosovo werde von "Clans" dominiert, "die die mittlerweile milliardenschwere Aufbauhilfe für ihre Zwecke missbrauchen".

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung spricht von "ungezählten (Geld-)Geschenken aus Brüssel". Trotz der großzügigen  Unterstützung und der nun schon dreijährigen Unabhängigkeit des Kosovo "gehen Serben und Albaner wieder mit Gewalt aufeinander los, als seien sie alleine auf der Welt". Völlig außer Kontrolle sei die Lage allerdings noch nicht geraten. Vor allem dank der NATO-Mitglieder, die auf dem Westbalkan noch Präsenz zeigen: "Noch hat die Schutztruppe KFOR genug Soldaten, um für Ordnung zu sorgen."

Dass im Kosovo "derzeit rund 1000 Bundeswehrsoldaten im KFOR-Einsatz sind, ist in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch präsent", heißt es in der Koblenzer Rhein-Zeitung. Vielmehr stünde "ein grüner Haken hinter dem Problem Kosovo". Für das Blatt ist Jarinje "ein Warnschuss an die Europäer, den Kosovokonflikt noch nicht zu den Akten zu legen". 

Dabei hält die EU laut der Volksstimme aus Magdeburg auf dem Westbalkan die wichtigste Trumpfkarte in ihrer Hand: So  hätten sowohl Serbien als auch der Kosovo, "in der europäischen Perspektive ihre Zukunftschance" erblickt. "Das sollte letztlich die größten Hitzköpfe abkühlen." 

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Michael Kreußlein

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