Republikaner gewinnen Blockade kann "zum Bumerang werden"
03.11.2010, 21:18 UhrDass in einem Übermaß an Vorschusslorbeeren eine Gefahr lauert, muss derzeit US-Präsident Obama erfahren: Bei den Kongresswahlen fügen die Republikaner seinen Demokraten eine empfindliche Niederlage zu. Das Land lähmt sich selbst, meint n-tv.de. Obama konnte mit seinen Visionen die Bürger nicht erreichen. Jetzt heißt es nicht nur für ihn, sich neu zu erfinden. Auch die Wahlgewinner müssen sich beweisen. Und genau darin liegt die Chance für den einstigen Hoffnungsträger Amerikas.
"'Ja, wir können auch anders' - das hat ihm das amerikanische Volk nun in aller Deutlichkeit demonstriert", schreibt die Osnabrücker Zeitung über US-Präsident Obama und stellt fest: "Der mit vielen Vorschusslorbeeren gestartete Hoffnungsträger einer Nation wurde über Nacht zum Prügelknaben." Dafür können die Republikaner ihr Comeback feiern. Zu verdanken haben sie das den unabhängigen Wählern, die "in erster Linie enttäuscht von den fehlenden Rezepten der US-Regierung gegen die hohe Arbeitslosigkeit" sind. Denn "wer keinen Job hat, verliert - gerade in den USA - schnell Status, Ansehen, Haus und Freunde. Auch Obamas Verdienste um Gesundheitsreform und Finanzmarktregulierung, seine Versprechungen und Visionen konnten die Bürger nicht besänftigen. Je belehrender er auftrat, desto mehr verlor er das Vertrauen seiner Wähler."
"Wer jetzt noch einen Guttenberg oder Röttgen mit Obama vergleicht, kann es nicht gut mit den beiden Hoffnungsträgern meinen", meint die Emder Zeitung, denn die Wahlschlappe des US-Präsidenten zeige: "Die glänzende Fassade einer Persönlichkeit reicht eben doch nicht aus, wenn es gilt, in einem hohen Amt erfolgreich zu bestehen. Dass sich sogar das Nobelkomitee von den geradezu messianischen Ankündigungen Obamas betören ließ, macht die Gefahr noch deutlicher, die in jeglichem Vorschusslorbeer liegt. Nicht nur Obama muss nun zur Kenntnis nehmen, dass man in der Politik immer auf dem Teppich bleiben sollte."
Der General-Anzeiger aus Bonn zeigt auf, wie Obama sich in Zukunft verhalten sollte: "Obama, der Visionär und charismatische Rhetoriker, wird sich ein Stück weit neu erfinden und in die Mitte rücken müssen, selbst auf die Gefahr hin, die Getreuen im linken Lager zu verprellen. Doch die Zeit großer Reformen ist nach diesem Debakel ohnehin vorbei. Starrsinn und arrogante Besserwisserei kann sich Obama nicht erlauben, will er sich noch die Option offenhalten, 2012 tatsächlich wieder gewählt zu werden."
"In Westeuropa genießt Barack Obama noch immer messiasgleichen Status mit Popularitätsraten von 80 Prozent. Im eigenen Land hingegen muss der Prophet für jede Umfrage dankbar sein, die ihm wenigstens halb so viel Sympathie bescheinigt." Die Süddeutsche Zeitung erklärt, warum es für Westeuropäer so schwierig ist, Obamas Probleme nachzuvollziehen: "Nirgendwo sonst auf Erden ist das, was Obamas Programm ausmacht, so selbstverständlich. Reformen wie eine Krankenversicherung für alle, ein aktiver Staat sowie mehr Umwelt- und Klimaschutz muten ihnen an wie eine nachholende Europäisierung, eine schlichte Normalisierung. Millionen Amerikaner hingegen begreifen diese staatsgetragene Agenda als kühn, ja als revolutionär. Was Obama als Modernisierung verordnet, erleben viele als Systembruch. Und als unamerikanisch."
Die Märkische Oderzeitung analysiert die entscheidende Gemeinsamkeit von Obama und der Tea Party: "Sie verkaufen Visionen, und sie werden daran gemessen. Darin liegt Obamas Chance. Denn die Republikaner müssen zeigen, ob sie ein Rezept gegen die Krise haben. Eine Blockade Obamas, wie sie die Tea Party fordert, könnte dabei zum Bumerang werden. Ohne Kompromisse nämlich werden sich die kommenden, zur Überwindung der Krise wichtigen zwei Jahre als tote Zeit erweisen. Und das würde auch auf die Konservativen zurückfallen."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki