Pressestimmen

Vergabe des Friedensnobelpreises "Böswillige Ignoranz am Werk"

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Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an die Kinderrechtsaktivisten Malala Yousafzai aus Pakistan und Kailash Satyarthi aus Indien. Bei der Mehrheit der deutschen Tageszeitungen trifft die Wahl des Osloer Komitees auf Beifall. Doch es gibt auch kritische Stimmen.

Die Berliner Zeitung befürwortet die Auszeichnung der beiden Kinderrechtsaktivisten: "Die Entführung und Zwangsislamisierung von über 200 Mädchen durch die nigerianische Terrorgruppe Boko Haram war zuletzt ein besonders perfider Beleg dafür, dass Kinder und junge Frauen ganz gezielt in den Fokus der terroristischen Schreckensregime genommen werden. Sie sind Pfand und Trophäe obsessiver Phantasmagorien eines pervertierten Glaubens. Der Friedensnobelpreis an Malala Yousafzai und Kailash Satyarthi kann so gesehen auch als eine symbolische Erinnerung an die verschwundenen Mädchen verstanden werden."

Auch die Wetzlarer Neue Zeitung wertet die diesjährige Wahl des Nobelkomitees als ein richtiges und wichtiges Zeichen: "Die Würdigsten sollen den Preis erhalten, auch das hat Alfred Nobel festgelegt. Die tapfere Malala ist ein Symbol der Hoffnung für viele junge Menschen. Der Hass der Taliban konnte sie nicht vernichten - Malalas Mut ist stärker, ihre Beharrlichkeit seit dem brutalen Anschlag vor auf den Tag genau zwei Jahren gewachsen. Die jüngste Friedensnobelpreisträgerin aller Zeiten ist ein leuchtendes Vorbild. Und dennoch war es weise vom Osloer Nobelpreis-Komitee, der 17-Jährigen einen zweiten Preisträger an die Seite zu stellen. Kailash Satyarthi engagiert sich seit Jahrzehnten gegen die Ausbeutung von Kindern."

"Das norwegische Nobelkomitee hat ausdrücklich Mut und inspirierende Wirkung gewürdigt. Und diese Würdigung trifft zweifellos zu", heißt es auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die gleichzeitige Auszeichnung eines Inders und einer Pakistani sei ein Signal für "Entwicklung, Versöhnung und Frieden". Doch das Blatt äußert Zweifel an der Wahl der Preisträger: "In ein paar Wochen jährt sich der Fall der Mauer, dieses epochale Ereignis von grundstürzender Wucht. Es ist schleierhaft, warum das Nobelkomitee in Oslo die ganzen Jahre und auch im Jubiläumsjahr weder die Ostdeutschen für auszeichnungswürdig befand noch jenen deutschen Politiker, der sich mit ganzer politischer Leidenschaft der europäischen Einigung verschrieben hatte, Helmut Kohl. Man könnte fast meinen, da sei böswillige Ignoranz am Werk."

Auch die Hessische Niedersächsische Allgemeine betont die Symbolkraft der vom Komitee getroffenen Wahl und sieht genau darin ein Problem: "Auch diesmal ging es dem Komitee nicht nur um die Preisträger und ihre auch sonst schon vielfach gewürdigten Verdienste, sondern um ein politisches Signal: Ein Inder und eine Pakistanerin, Repräsentanten zweier notorisch verfeindeter Atommächte - das macht sich gut, vielleicht geben sie sich in Oslo sogar die Hände." Doch es gebe auch eine Kehrseite, so die Zeitung weiter, wenn bei der Wahl neben der erbrachten Leistung politische Motive eine Rolle spielten: "Politisch überladene Nobelpreise ändern nicht die Wirklichkeit, sondern beschädigen das Renommee des Preises. Und das in einem Jahr, in dem es an Krieg, Mord und Totschlag wahrhaftig keinen Mangel gibt."

Die Welt hingegen begrüßt die Auszeichnung Yousufzais und Satyarthis, besonders vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krisen: "Es sind die richtigen Zeichen zur richtigen Zeit. Das Nobelpreis-Komitee hat mit der Vergabe des Friedensnobelpreises je zur Hälfte an die 17-jährige pakistanische Schülerin Malala Yousufzai und den indischen Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi viel Sensibilität bewiesen. Die Ehrung sendet gleich mehrere Signale aus. Zunächst ist die Auszeichnung an Malala, eine Absage an jede Form radikaler Religionsauslegung. Das passt besonders in unsere Zeit, in der radikale Terroristen einen ideologischen Krieg gegen alle Andersdenkenden führen und mit ihrer unfassbaren Brutalität den Islam als Weltreligion diskreditieren. Malala ist die jüngste Friedensnobelpreisträgerin aller Zeiten, ihre Ehrung ist verbunden mit der Aussage der zivilisierten Welt, menschenverachtende Ideologien nicht hinzunehmen."

Die Stuttgarter Zeitung ist ebenfalls voller Lob für das Komitee in Oslo: "Der Einsatz der beiden mutigen Aktivisten ist ein Beweis dafür, dass nicht nur die Wirtschaft globalisiert ist, sondern dass weltweit Mindeststandards an Menschenrechten gewünscht werden: Der Schulbesuch von Mädchen und das Verbot von Kinderarbeit gehören dazu. Das Nobelpreiskomitee hat bei seiner Wahl eine glückliche Hand bewiesen. Die Welt braucht Vorbilder."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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