Nobelpreis für Chemiewaffeninspekteure "Das Komitee hat es gut gemeint"
11.10.2013, 20:36 Uhr
Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) ist mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Damit habe sich das Nobelkomitee "ebenso falsch wie typisch" entschieden, schreibt Hubertus Volmer bei n-tv.de. Nicht alle Tageszeitungen teilen diese Meinung.
Die Heilbronner Stimme findet gar, die Jury habe "alles richtig gemacht. Es ist eine kluge Entscheidung, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen auszuzeichnen. Ihre Experten haben die gefährlichsten Jobs der Welt. Sie liefern einen konkreten Beitrag zur Abrüstung, der die Welt sicherer macht."
Auch der Berliner Tagesspiegel hält die diesjährige Wahl des Nobelpreiskomitees für die richtige: "Die Aufgabe in Syrien erfüllt den Anspruch des Stifters, diejenigen zu ehren, die Frieden fördern und Abrüstung vorantreiben und damit der Menschheit am meisten nutzen."
Der Münchener Merkur glaubt hingegen, dass sich das Nobelkomitee mit der Absicht, mit dem Preis politische Prozesse zu befeuern, verkalkuliert haben könnte. "Die OPCW ist kein Initiator von Abrüstung, sondern nur deren Instrument. Handelnde sind die Regierungen - hier also Moskau, Washington und Damaskus. Am Morden im syrischen Bürgerkrieg wiederum ändert die Vernichtung von Assads C-Waffen schon gar nichts; Zyniker könnten sogar darauf hinweisen, dass Syriens Diktator sich damit Zeit und vielleicht sein politisches und physisches Überleben erkauft hat. Nein, als großer Wurf wird der Friedensnobelpreis 2013 nicht in Erinnerung bleiben."
Der Reutlinger General-Anzeiger hält die Entscheidung der Jury nicht für falsch, aber für mutlos. "Die OPCW ist kein Verein oder ein Zusammenschluss ehrenamtlich engagierter Menschen, sondern eine von UN-Mitgliedern bezahlte Organisation mit bezahlten Spezialisten. Ihre Arbeit wird durch die Preisverleihung weder in Syrien noch sonst wo erleichtert oder beschleunigt. Im Gegensatz zu vielen früheren Vergaben geht von der gestrigen Osloer Entscheidung kein Signal aus."
Die Mittelbayerische Zeitung in Regensburg hätte wie Hubertus Volmer lieber die 16-jährige Friedensaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan als Preisträgerin gesehen: "Das Nobelpreiskomitee hat es gut gemeint. Aber eine Auszeichnung für Malala Yousafzai, noch dazu am Weltmädchentag, hätte bedeutet, es auch gut zu machen."
Auch die Pforzheimer Zeitung hatte einen ganz anderen Preisträger im Sinn: "Gab es in diesem Jahr keine individuellen Helden, die für eine bessere Welt Leib und Leben oder zumindest ihren Job riskiert haben? Tatsächlich gibt es die sehr wohl, aber vermutlich waren sie politisch nicht interessant genug. Oder schon wieder viel zu spannend: Einem Edward Snowden den Preis der Preise zu verleihen, hat sich halt keiner getraut."
Wenn der diesjährige Nobelpreis nicht zum bloßen Appell verkommen soll, müssen sich laut Nürnberger Nachrichten auch einige der Staaten bewegen, die jetzt artig Beifall für die Osloer Entscheidung klatschten. "Vorneweg die USA. Nicht Syrien, sondern Amerika verfügt gemeinsam mit Russland bis heute über die größten Vorräte an chemischen Kampfstoffen. Eigentlich hätten die Bestände 2012 vollständig vernichtet sein sollen. Beide UN-Vetomächte sind hier im Zeitverzug."
Zusammengestellt von Anna Veit
Quelle: ntv.de