Pressestimmen

5 Euro mehr für Hartz-IV-Empfänger "Das ist ein Armutszeugnis"

Sicher, es war eine unterhaltsame Debatte, die unsere Politiker heute im Bundestag ablieferten. Es gab wütende Zwischenrufe, eine erregte Ministerin und ein kleiner Eklat. SPD-Chef Gabriel nannte Arbeitsministerin von der Leyen gar eine "Staatsschauspielerin". Die Presse fragt sich angesichts der "parlamentarischen Schlammschlacht", wie das wohl auf jene Menschen wirken muss, die von Hartz IV betroffen sind. Denen dürfte sicher das Lachen im Halse stecken bleiben.

ARBEITSLOSE_HARTZ_IV-JPG_GRA106.jpg7165629033555593171.jpg

(Foto: DAPD)

Wer von Politikern unterhalten werden will, kam am Freitag im Bundestag auf seine Kosten. Doch worum ging es eigentlich, fragt die Heilbronner Stimme. "Ach ja, um die Hartz-Reform. Fast wäre die Sache in der launigen Wahlkampfstimmung untergegangen. Den Empfängern der Sozialleistung dürfte das Lachen im Halse stecken bleiben. Sie sollten zum Jahreswechsel Klarheit über die Höhe der Hartz-Sätze haben. Dazu hatte das Bundesverfassungsgericht die Politik verdonnert. Die aber wird diese Vorgabe kaum noch einhalten. Das ist ein Armutszeugnis."

Der Mannheimer Morgen wirft ebenfalls die Frage auf, wie erbärmlich die parlamentarische Schlammschlacht zu Hartz IV auf jene Menschen wirken muss, die von der größten Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik betroffen sind? Beide Seiten wären gut beraten, urteilt das Blatt, sich nicht so weit aus dem Fenster zu lehnen. Denn: "Rot-Grün hat bei der prinzipiell richtigen Einführung von Hartz IV viele der Mängel verursacht. Den schlimmsten, die grotesk willkürliche Festlegung der Regelsätze für Kinder, sollte Schwarz-Gelb nun korrigieren. Aber von der Transparenz, die das Bundesverfassungsgericht verlangt hat, war nicht viel zu sehen. An den Regelsätzen wurde mit fadenscheinigen Begründungen herumgestrichen, bis nur eine minimale Erhöhung für alleinstehende Erwachsene herauskam. Völlig ungenügend ist, was Familien bekommen sollen."

Fünf Euro mehr pro Monat und pro Erwachsenem -  Das mag ein karges Auskommen sichern, großzügig ist es nicht, bemerkt der Westfälische Anzeiger und kommentiert: "Angst aber macht vor allem die Begleitmusik solcher Beschlüsse: Rechte leiten sich aus Finanzkraft ab, und Solidarität ist eine Floskel für Gewerkschaftsansprachen."

Es gehe nicht darum, den Leuten Geld hinterherzuwerfen, konstatiert die Frankfurter Rundschau. "Es geht um den Maßstab sozialer Politik. Eines Sozialstaats nicht würdig ist es, die Würde seiner Bürger nach Kassenlage zu definieren. Angela Merkel und Ursula von der Leyen legen nicht nur ein paar Euro zu wenig hin. Sie verletzen das wichtigste Credo der Kanzlerin: eine Politik zu machen, die allen Bürgern dient. Sie verweigern eine Politik, die niemanden vom sozialen, kulturellen und ökonomischen Leben ausschließt."

"Dass die SPD so vehement gegen die Hartz-IV-Reformpläne von CDU- Arbeitsministerin von der Leyen zu Felde zieht, wirkt wenig überzeugend", urteilt die Märkische Allgemeine. Schließlich sei Hartz IV das Kind der SPD. Seit 2003, als Rot-Grün die größte Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg brachte, habe die SPD bis zur Bundestagswahl 2009 ununterbrochen sowohl den Finanzminister als auch den Arbeitsminister gestellt, erinnert das Blatt aus Potsdam und befindet: "Die Sozialdemokraten hätten also genug Zeit und Gelegenheit gehabt, alles das, was sie jetzt so vehement fordern, selbst in Angriff zu nehmen. Das heißt nun nicht, dass die SPD zu allen Plänen der Arbeitsministerin Ja und Amen sagen muss. Aber etwas mehr Demut täte der Partei bei diesem Thema gut - zumal auch die Wähler oft noch sehr genau wissen, wem sie was zu verdanken haben."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Diana Sierpinski

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen