Petraeus' Schatten auf Obama "Das lässt nichts Gutes ahnen"
13.11.2012, 21:26 Uhr
David Petraeus war Chef der CIA.
(Foto: REUTERS)
CIA-Chef David Petraeus stolpert über eine Liebesaffäre und im Zuge der Ermittlungen werden immer mehr Verstrickungen im Geheimdienstapparat der USA aufgedeckt. Die Zeitungen sind gespalten in der Frage, ob es hier um eine Lappalie oder eine ernsthafte politische Fehlentwicklung handelt.
Die Landeszeitung aus Lüneburg hat kein Verständnis für die Affären: "Elf Jahre dauert der Krieg in Afghanistan mittlerweile – länger als Erster und Zweiter Weltkrieg zusammen. Dennoch scheint das Ziel, ihn zumindest nicht mit einer schmählichen Niederlage zu beenden, den US-Oberbefehlshaber John Allen nicht so beschäftigt zu haben, dass er nicht noch Muße gefunden hätte, jeden Tag mehr als 30 Mails an seine mutmaßliche Geliebte zu schicken. Sein Vorgänger in Afghanistan, Kriegsheld David Petraeus, nutzte den Kriegseinsatz gleich, um sich mit seiner Biografin 'außerehelich zu engagieren'. Etwas läuft schief bei der stärksten Militärmacht der Erde. Ein Krieg, der verloren scheint, auch weil ihm immer noch zig unschuldige Zivilisten zum Opfer fallen, sollte von ernsthafteren Soldaten geführt werden."
Die Rhein-Neckar-Zeitung aus Heidelberg findet die Affäre im Vergleich lächerlich: "Nach bisherigem Stand ist es jedenfalls weitaus empörender, dass David Petraeus für das Drohnen-Programm der USA verantwortlich zeichnet. Mithilfe der unbemannten Flugkörper wurden tausende Menschen ermordet - ohne Prozess, ohne Anklage, nur auf den geheimdienstlichen Hinweis hin, sie seien Terroristen. Von den 'Kollateralschäden', also 'unschuldigen' Zivilisten, die in der Nähe der eigentlichen Anschlagsopfer standen, ganz abgesehen."
Beim Deutschlandfunk heißt es, die Belastung für Petraeus und andere sei außergewöhnlich hoch gewesen: "Was bringt genau die Kommandeure, die vor Ort einen vergleichsweise einfühlsamen Kurs gefahren haben, wesentlich einfühlsamer als ihre Vorgänger, dazu, auf ihre Art den Pfad soldatischer Tugend zu verlassen? Der Druck, der auf ihnen lastet, dass sie in Afghanistan erfolgreich sein müssen, dass sie Enttäuschungen, die immer auch Opfer bedeuten, hinnehmen müssen, ohne so reagieren zu können, wie es einem Soldaten eigentlich beigebracht wurde, ist offenkundig eine Belastung, bei der manch einer Ventile sucht. […] Das soll die Verfehlungen der US-Generale nicht verteidigen, daran gibt es nichts zu beschönigen. Hohe Generale müssen die Einsatzwirklichkeit auch aushalten können. Aber es sollte den Politiker, die Soldaten in Einsätze schicken, nochmals verdeutlichen, was sie von ihnen verlangen."
Die Sächsische Zeitung spekuliert über weitere Enthüllungen: "Wer vermutet hatte, dass hinter dem Rücktritt von CIA-Chef David Petraeus mehr steckt als nur ein banaler Seitensprung, könnte am Ende recht behalten. Die Umstände sprechen eher für einen Vertrauensverlust zwischen den Generälen und der politischen Führung. Nicht auszudenken, wenn das Ganze schon vor der Wahl publik geworden wäre. Ein Präsident, der die Geheimdienste nicht im Griff hat? Das ist keine Wahlempfehlung. Eigentlich wollte sich Obama jetzt darauf konzentrieren, die Probleme mit dem kollabierenden US-Haushalt zu lösen. Doch nun muss er möglichst rasch die Petraeus-Affäre aus der Welt schaffen. Anderenfalls wird die Opposition gnadenlos die Chance nutzen, den Präsidenten schon zu Beginn seiner zweiten Amtszeit entscheidend zu schwächen."
Die Berliner Zeitung weist eben diese Spekulationen zurück: "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass aus der Affäre um Petraeus und Allen eine Geschichte des Geheimnisverrats wird. Noch nicht. Und solange diese Beweise nicht vorliegen, ist die Affäre nur eine Geschichte des Kontrollverlusts. Das macht die Sache aber auch nicht viel besser. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hat überaus wichtige Posten an Männer vergeben, die allem Anschein nach dafür nicht geeignet waren. Das lässt nichts Gutes ahnen für die zweite Amtszeit des Präsidenten."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Thomas E. Schmidt