Pressestimmen

Awacs-Flüge über Afghanistan "Der Lächerlichkeit preisgegeben"

In Libyen ziehen die Alliierten gegen Muammar al-Gaddafi in den Krieg. Deutschland will nicht dabei sein. Zur Entlastung der Bündnispartner aber hat die Bundesregierung jetzt beschlossen, 300 zusätzliche Soldaten für Awacs-Aufklärungs-Flüge über Afghanistan abzustellen. Für die Presse ein "fauler Handel", denn wer kann Kanzlerin und Außenminister jetzt noch ernst nehmen?

(Foto: REUTERS)

"Das stärkere Afghanistan-Engagement wirkt wie ein Feigenblatt, weil man sich aus innenpolitischen Gründen in eine Friedensengel-Position manövriert hat, die keinen Handlungsspielraum mehr lässt", schreibt die Braunschweiger Zeitung und formuliert ihre Ansprüche an eine kluge Außenpolitik, die nicht in Abhängigkeit von Landtagswahlen geführt werden dürfe. "Sie hat, natürlich bei Wahrung nationaler Interessen, auch an die Menschen etwa in Nordafrika zu denken, die nach Freiheit lechzen. Außenpolitik muss zudem an ihren eigenen Postulaten gemessen werden. Wer will die Kanzlerin und ihren Außenminister noch ernst nehmen, wenn sie demnächst nach einer China-Reise beteuern, sie hätten die Menschenrechtsfrage klar und eindeutig angesprochen?"

Auch die Mittelbayerische Zeitung kritisiert die Haltung Deutschlands in der Libyen-Frage "Konterkariert wird der deutsche Kehrtschwenk noch durch den faulen Handel, 300 zusätzliche Soldaten für die Luftüberwachung nach Afghanistan zu schicken - zu einem Zeitpunkt, an dem die Alliierten den Rückzug vom Hindukusch bereits auf Hochtouren vorbereiten." Für das Blatt aus Regensburg wäre es glaubwürdiger gewesen, wenn die Awacs-Flüge vor der Küste Libyens stattfinden würden, um die Alliierten zu unterstützen. "Das hätte kein Wähler übel genommen. Doch damit nicht genug, zieht die Regierung auch noch die deutschen Kriegsschiffe aus dem Mittelmeer ab, um nicht den leisesten Verdacht zu erregen, das Waffenembargo gegen Libyen zu unterstützen. So gibt sich Deutschland international der Lächerlichkeit preis."

Die Nürnberger Nachrichten vermelden auch schon die ersten "Kollateralschäden" des Libyen-Konflikts: "Die Nato und das deutsch-französische Verhältnis sind schwer angeschlagen. Die Hauptschuldigen dafür sitzen in zwei Hauptstädten, in Paris und in Berlin. Nun haben beide die so wichtige EU-Achse Paris-Berlin schwer beschädigt. Ob dieser Schaden während der Amtszeit der beiden Protagonisten je wieder zu beheben sein wird, darf bezweifelt werden. Es sind tiefe Verwundungen geschlagen worden. Allerdings, beide Amtszeiten könnten schneller Geschichte sein, als man denkt."

Es müsse aber auch kein Fehler sein, dass Deutschland sich nicht an einem Krieg gegen Gaddafi beteiligt, finden Straubinger Tagblatt und Landshuter Zeitung: "Schon fünf Tage nach Beginn der Luftoffensive gegen Gaddafi scheinen sich die deutschen Bedenken zu bestätigen. Der Konflikt ist, wie es Militärexperten immer schon erklärten, nicht allein mit Luftschlägen zu entschärfen. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da entweder der Ruf nach Bodentruppen laut wird oder, um hohe Opferzahlen zu verhindern, die Diplomatie wieder zu ihrem Recht kommt. Auf diesen Tag vorbereitet zu sein, würde Deutschland gut anstehen."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki

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