Eine politische Dummheit Die FDP trifft den falschen Ton
18.03.2013, 21:56 Uhr
(Foto: dapd)
Juristische Bedenken hatten auch die Bundesländer. Dennoch haben sie sich für den Verbotsantrag entschieden. Sie wollten ein klares Zeichen gegen die NPD setzen, sie wollten zeigen, dass Rechtsextreme in dieser Gesellschaft nicht erwünscht sind. Dass die FDP Rechtsextremismus mit Dummheit gleichsetzt, ist fahrlässig. Das zeigt auch ein Blick in die Presse.
So schreiben die Nürnberger Nachrichten von "windelweiche Positionen, Dementis, Rückziehern" und beklagen: "Wenn so der Kampf gegen den Rechtsradikalismus aussieht, dann kann man dem Verbotsverfahren gegen die NPD nur mit größter Sorge entgegenblicken. Obwohl die Politik nach dem ersten Prozess, der 2003 im Desaster endete, gewarnt sein sollte, führt sie in Sachen NPD seit Monaten ein Laientheater von unterirdischer Qualität auf. Bislang letzter und unerfreulichster Akt ist das Vorpreschen der FDP-Bundesminister, die einen eigenen Verbotsantrag der Regierung ablehnen und damit Kanzlerin Merkel düpieren. Das unkoordinierte Herumgeeiere hat Tradition und spielt der NPD in die Hände."

Parteichef Rösler und Generalsekretär Döring erklären ihre Haltung zur NPD auf einer Pressekonferenz in Berlin.
(Foto: dpa)
Die Landeszeitung zitiert FDP-Chef Rösler, wonach man Dummheit nicht verbieten könne und meint: "Dumm ist es, wenn man angesichts der grauenvollen Mordserie der rechten Terrorgruppe NSU ausgerechnet in einem Land mit einer mörderischen Vergangenheit nicht versucht, den ideologischen Überbau der Rechtsradikalen zu verbieten. Sicher werden Rechte bei einem NPD-Verbot schnell neuen Unterschlupf finden. Aber dem Verzicht auf einen Verbotsantrag aus diesen Gründen steht die unerträgliche Tatsache gegenüber, dass die NPD allein 2011 mehr als 1,3 Millionen staatliche Zuwendungen erhalten musste. Allein das wäre einen erneuten Versuch wert, die NPD von der politischen Landkarte zu tilgen.
Der Mannheimer Morgen stößt in selbe Horn: "Dummheit könne man nicht verbieten, sagt Philipp Rösler. Da hat der FDP-Chef sicher Recht. Es ist aber auch nicht der allerklügste Zug, mit dieser schlichten Logik nun einen Antrag der Regierung auf Verbot der NPD zu verhindern. Grundsätzlich kann man über die Sinnhaftigkeit eines Parteiverbots geteilter Meinung sein. Doch geht es beim erneuten Gang nach Karlsruhe vor allem um Symbolik. Dabei sollten Bundesrat, Regierung und Parlament an einem Strang ziehen. Das hat die FDP jetzt leider vereitelt. Wieso sie für ihr schlichtes Nein mehr als ein Jahr brauchte, bleibt ihr Geheimnis. Das Zaudern der Koalition war und ist eine Blamage."
Die Lausitzer Rundschau sieht die Koalition weiter im Boot: "Fein raus sind Merkel, Rösler und Co. deshalb jedoch nicht. Sie sind trotzdem mit von der Partie. Denn der Bund hat die meisten Beweise gesammelt, mit denen die Länder die NPD verbieten lassen wollen. Scheitert das Verfahren, so wird man auch die Regierung dafür mitverantwortlich machen."
Die Dresdner Neueste Nachrichten meint, dass das Gezerre um das NPD-Verbot kein gutes Licht auf das Agieren in Berlin wirft: "In Wahrheit ist es eine Daueraufgabe des demokratischen Rechtsstaates, dass sich der Rechtsextremismus in Deutschland nie wieder einnisten kann. Dabei geht es um Grundwerte und nicht um ein harmlos wirkendes Urteil über eine politische Dummheit namens NPD. Es war dumm von Philipp Rösler, diese Verharmlosung der NPD in die Debatte einzuführen. Und es war armselig von der Kanzlerin, nicht rechtzeitig für klare Verhältnisse in ihrer Bundesregierung gesorgt zu haben. Über Wochen hinweg gab es ein unwürdiges Gezerre und zum Schluss hat die FDP den falschen Ton getroffen. Gutes Regieren geht anders."
"Die Taktik muss man nicht verstehen", heißt es in der Thüringischen Landeszeitung. "Entweder ziehen alle Verfassungsinstitutionen an einem Strang - oder sie lassen es ganz bleiben. Es gibt durchaus Gründe, von einem Gerichtsverfahren Abstand zu nehmen: Rechte Gesinnung lässt sich sicher nicht per Richterspruch verbieten. Und natürlich werden die NPD-Kader andere Wege der Organisation finden. Aber es geht doch darum, denjenigen, die diesen Staat Tag für Tag lächerlich machen und ihn abschaffen wollen, zu zeigen, dass wir uns das nicht bieten lassen, dass sich eine wehrhafte Demokratie auch - genau - ihrer Haut zu wehren weiß."
Die Augsburger Allgemeine lobt allein schon den Versuch eines NPD-Verbots: "Auch die Gegner des NPD-Verbots haben starke Argumente dafür, die NPD innerhalb des Parteienspektrums einer hochgefestigten Demokratie zu tolerieren. Zu den Gegnern hat nicht nur die FDP schon immer gehört, sondern ebenso Teile der Grünen und der Union. Allerdings wird hier zu sehr die Furcht vor einem Scheitern vor Gericht beschworen: Dies wäre ein 'Triumph' für die Rechtsextremisten. Das ist falsch. Der Versuch des Verbots wird angesichts der in dem Verfahren breit zu diskutierenden Fakten selbst bei einem juristischen Scheitern immer ehrenwert bleiben und selbst dann für die NPD eine Schmach bedeuten."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Peter Richter