Pressestimmen

Die EZB senkt die Leitzinsen Die Zeche zahlt der Sparer

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Die EZB kommt Banken und Krisenstaaten noch weiter entgegen und macht das Geld in Europa billig wie nie. Was für Sparer keine gute Nachricht ist, ist für die Konjunktur umstritten. Ein Blick in die Presse zeigt, dass der Gewinner des Tages die Banken selbst sind.

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(Foto: dpa)

"Unter der Politik des billigen Geldes leiden besonders die normalen Bürger, die nicht weltweit nach einem besseren Platz für ihr 'Vermögen' suchen können", fasst die Westdeutsche Zeitung die Entscheidung der EZB zusammen. "Dies bedeutet nämlich, dass Sparer weiterhin enteignet werden, weil die Zinsen niedriger als die Inflationsrate sind. Sie bedeutet, dass Wohnen in den eigenen vier Wänden immer unerschwinglicher wird, weil professionelle Investoren und vermögende Privatleute dank des billigen Geldes für eine sichere Anlage fast jeden Preis bezahlen. Und die Entscheidung bedeutet auch, dass die gesetzliche und private Altersversorgung künftig noch ein Stück magerer als erwartet ausfallen wird."

Die Berliner Zeitung weist darauf, dass das Problem der Banken nicht  so sehr Liquiditätsmangel ist. "Denn die EZB gibt schon seit langem den Geldhäusern alle Mittel, die diese von ihr haben wollen. Nun hat sie diese Maßnahme verlängert und damit ihre Garantie, dass keine Bank wegen Liquiditätsmangel eingehen muss. Dass die Banken weiter Geld von der EZB erhalten, ist das eine. Das andere ist: Sie verleihen es nicht. Gerade kleine und mittlere Unternehmen in Südeuropa kommen entweder nicht an Kredit oder müssen dafür hohe Zinsen zahlen."

"Die EZB hatte im Grunde keine andere Wahl", schätzt die Neue Presse ein und schreibt: "Zu bedrohlich ist die Lage in Frankreich, Spanien und Italien, wo die Arbeitslosigkeit nach den jüngsten Zahlen dramatische Ausmaße angenommen hat. Es muss alles getan werden, um diese wankenden Euro-Riesen zu stützen. Den Preis dafür zahlen allerdings die Sparer, auch hier in Deutschland. Sie werden mit Minizinsen auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten abgespeist, weil die Banken ihr Geld gerade nicht brauchen. Wenn jetzt noch die (zurzeit sehr niedrige) Inflationsrate steigt, wird endgültig deutlich, dass die Sparer für die Rettung des Euros mit barem Geld bezahlen. Andererseits: Stirbt der Euro, sind die Sparanlagen vermutlich erst recht weg. Deshalb tut die EZB das Richtige, auch wenn es nach Panik aussieht und für Sparer teuer wird."

Auch der Kölner Stadt-Anzeiger beschäftigt sich mit der Senkung des Leitzinses und schreibt: "In Deutschland wären eigentlich steigende Zinsen angebracht. Der Zins ist ja der Preis für Geld - und wenn der Preis künstlich zu niedrig angesetzt wird, dann besteht die Gefahr der Fehlleitung des Geldes. Dann wird mit Aktien spekuliert oder es werden überteuerte Immobilien gekauft. Umgekehrt leiden alle Sparformen oder die Altersvorsorge unter dem Zinstief. Selbst bei der derzeit moderaten Geldentwertung geht die Zinspolitik eindeutig in die Richtung Enteignung der Sparer."

Auch die Neue Osnabrücker Zeitung sieht den Sparer am kürzeren Ende: "Mit der Höhe der Leitzinsen befasst sich der Verbraucher üblicherweise nicht. Dabei spürt er die gravierenden Folgen seit einigen Jahren mehr und mehr, und zwar zu seinem eklatanten Schaden als Sparer. Die jetzige Zinssenkung der EZB muss daher gemischte Gefühle hervorrufen. Sie hilft dem europäischen Süden, aber der deutsche Durchschnittsbürger sollte aufpassen. Denn so niedrig, wie die Zinsen sind, vernichten sie auf Dauer mehr Kapital, als es die Bankenkrise getan hat. Umso verwunderlicher auch, dass manche politischen Kreise mit der Idee punkten wollen, Kapitalerträge höher zu besteuern."

Die Freie Presse weist auf die Gefahren der Blasenbildung hin: "Schon jetzt ist mehr als ausreichend Geld vorhanden, was viele Akteure dazu verleitet, wieder deutlich höhere Risiken einzugehen, weil sie mit 'risikoarmen' Investments keine Rendite mehr erzielen können. Sollte sich dies verstärken, besteht die Gefahr neuer Blasenbildungen. Gerade das Platzen solcher Blasen, etwa der überhöhten Immobilienpreise in Spanien, hat mit zu der aktuellen Krise beigetragen. Es ist ein riskanter Beschluss, der den Druck auf die Regierungen in Europa erhöht, ihre Anstrengungen zur Bewältigung der Krise noch zu verstärken."

Zu guter Letzt die Pforzheimer Zeitung, die kritisiert, dass "die großen Banken nach wie vor das billige Zentralbank-Geld horten, statt damit die Wirtschaft anzukurbeln. Und der deutsche Sparer zahlt letztlich die Zeche, weil er auf der Bank kaum noch Zinsen bekommt. Selbst die geringe Inflation knabbert am Kapital. Zur Krisenbewältigung in Europa trägt die Zinssenkung nicht bei, denn in den Schuldenstaaten müssen Unternehmen nach wie vor hohe Zinsen zahlen. Laut Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken zahlen diese bis zu fünf Prozent höhere Zinsen als deutsche Mittelständler. Genau dort müsste ein Investitionsprogramm der EZB ansetzen, das es den Firmen in Südeuropa erleichtert, an Kapital zu kommen."

Quelle: ntv.de

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