Arcandor ist pleite "Die Zerschlagung steht bevor"
09.06.2009, 20:24 UhrNicht die Regierung mit ihrer Ablehnung von Finanzhilfen sei schuld an der Pleite, meint die Presse. Vielmehr hätten die Eigentümer selbst versagt, ein zukunftsfähiges Unternehmen zu schaffen. Mit der Insolvenz eröffne sich jedoch die Chance, die guten Einzelteile des Konzerns in robustere Strukturen einzubinden.
Der Handelskonzern Arcandor hat beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag eingereicht. Nicht die Bundesregierung mit ihrer Ablehnung von Staatshilfen sei schuld an der Pleite, heißt es in der Presse, sondern die Eigentümer selbst hätten versagt, ein zukunftsfähiges Unternehmen zu schaffen. Mit der Insolvenz eröffne sich nun die Chance, Unternehmensteile in robustere Strukturen einzubinden.

Der Kampf der Karstadt-Mitarbeiter für Staatshilfen war umsonst. Die Warenhauskette geht mit Arcandor in die Insolvenz.
(Foto: REUTERS)
Eine der "größten Insolvenzen in der bundesdeutschen Geschichte" sei die Arcandor-Pleite, schreibt die Süddeutsche Zeitung. "Sie wird das Verhältnis der Bundesbürger zu ihren Wirtschaftsführern womöglich nachhaltiger beeinträchtigen als all die großen Firmenzusammenbrüche zuvor: Mehr als Kirch, mehr als der Bremer Vulkan, mehr als die Herrstatt-Bank." Den Grund dafür macht das Blatt darin aus, dass Arcandor weder an der Wirtschafts- und Finanzkrise, noch an der "harten Linie der Bundesregierung" und nur teilweise am seit Jahren zu beobachtenden "großen Kaufhaussterben" kaputtgegangen sei, vielmehr hätten "vor allem die Eigentümer versagt". "Sie haben den Staat um Hilfe angefleht, haben aber selber kaum Hilfe geleistet. Sie wollten den Steuerzahler in die Haftung nehmen, aber so wenig wie möglich selber haften."
"Die Zerschlagung steht bevor." Die Frankfurter Rundschau ist sich bewusst, dass sich der Begriff, "schwer nach Super-GAU anhört". Auch wenn Stellen verschwinden werden, bestehe "zumindest die Chance, dass Teile des Konzerns in neue robustere Strukturen eingebunden werden". "Dass die Firma mit dem bizarren Kunstnamen vielleicht verschwindet, bedeutet nur das Ende eines Unternehmenskonstrukts, das schon lange nicht mehr tragfähig war."
Auch die Allgemeine Zeitung aus Mainz ist sich sicher, dass der "erzwungene Insolvenzantrag von Arcandor" nicht den Untergang des Vertriebssystems Warenhaus markiere. "Er bietet vielmehr die Chance, einen nicht mehr wettbewerbsfähigen Riesenkonzern zu zerlegen und für die vielen guten Einzelteile neue Partner aus der Branche zu finden." Es sei ein schlecht geführtes Unternehmen vom Markt gefegt, zugleich aber die Chance für ein neues bereitet worden: "eine 'Deutsche Warenhaus AG' unter der Führung von Metro". "Die Wirtschaft dieser Republik hat schon weit schlechtere Tage gesehen."
Für die Heilbronner Stimme ist der "Tag der Insolvenz eines deutschen Traditionsunternehmens (…) kein guter Tag". Das Blatt denkt dabei vor allem an die rund 40.000 Beschäftigten. "Es werden Rosinenpicker wie die Metro kommen und sich die gewinnversprechenden Unternehmensteile einverleiben." Doch für viele Kaufhäuser sei ein Neuanfang bedeutsam, "denn die anhaltende Diskussion über das sieche Karstadt hat das Image mächtig ramponiert". "Desaströs sieht es für die Tochter Quelle aus. Mehr als in den anderen Sparten zählt im Versandhandel die Marke, die nun zerstört ist. Jetzt geht es nicht mehr um einen neuen Anstrich. Jetzt wird hinter die Fassade geschaut."
Für die Stuttgarter Zeitung hat die Regierung mit ihrer Ablehnung umfangreicher Finanzhilfen "den richtigen Weg eingeschlagen" - nicht etwa, "weil der Arbeitsplatz einer Verkäuferin weniger wichtig wäre als der Job eines Entwicklungsingenieurs in der Autoindustrie". Vielmehr unterscheide sich der Fall Arcandor "von anderen Krisenfällen dadurch, dass es letztlich die Eigner gewesen sind, die den Konzern fallen gelassen haben".
Zusammengestellt von Nadin Härtwig
Quelle: ntv.de