Ramsauer will Freiheit auf dem Nummernschild "Durchdacht ist das nicht"
20.08.2012, 21:17 Uhr
Bundesverkehrsminister Ramsauer nutzt die letzten Tage der Sommerpause zu einem Vorstoß, der die Volksseele beschäftigt. Er will Kommunen die Möglichkeit geben, mit der Gebietsreform verlorene, aber auch neue Kfz-Zeichen auf die Nummernschilder zu bringen. Die Presse ist geteilter Meinung. Manch ein Kommentator hält die Idee für eine "feine Sache". Andere dagegen kanzeln ihn als wenig durchdacht ab.
Da wäre etwa die Sächsische Zeitung. Sie führt aus, das Kfz-Kennzeichen sei für viele Städte ihr wichtigstes Symbol. "Und warum sollen nicht deren Bewohner, wenn sie es denn wollen, ihren Stolz zeigen können, genau dort zu leben." Erst recht in der Fremde zeige man doch gerne, wo man herkommt. "Und nicht gerade das Kürzel der Kreisstadt oder eines, bei dem schwer nachzuvollziehen ist, wo die Bürokratie eigentlich für die Autoschild-Kennzeichnung fündig geworden ist. Experten gehen davon aus, dass jedes Autokennzeichen etwa 50 Mal am Tag wahrgenommen wird. Wenn das keine Reklame für die Heimat ist."
Einwände des Landkreistags lässt auch die Saarbrücker Zeitung nicht gelten. "Schon sind die Bedenkenträger wieder da", schreibt das Blatt. "Ein 'Wirrwarr' befürchten sie, wenn weggefallene Kfz-Kennzeichen wiederbelebt werden dürfen. Was für ein Wirrwarr soll das denn bitteschön sein?" Das Gegenteil werde eintreten: Deutschland werde regionaler und erkennbarer. "Und das ist auch gut so. Vermutlich sorgt sich der Deutsche Landkreistag vor allem um die Mehrarbeit, die da auf manche Behörde zukommen könnte. Das wäre jedoch kein gutes Argument. Schon gar nicht, weil der Minister mit seinem Plan den Wünschen zahlreicher Kommunen und Kreise nachkommt, die ihre alten Kennzeichen auch aus touristischen Gründen zurückhaben wollen."
Etwas kritischer beginnt die Stuttgarter Zeitung ihren Kommentar: "Es ist doch erstaunlich, wie viele Kommunalvertreter und Bürger den alten Buchstabenkombinationen hinterhertrauern, die bei früheren Verwaltungsreformen eliminiert wurden - die einen im Sinne des Stadtmarketings, die anderen aus Nostalgie. Da zeigt sich: Das Auto ist noch immer des Deutschen liebstes Kind, und das soll einen schönen Namen - Pardon, ein treffendes Kennzeichen - tragen." Schließlich schwenkt das Blatt dann aber doch noch um: " Gewiss dürfte dieses Vorhaben die Übersicht über die Kfz-Schilder der Republik erschweren. Na und? Auf der Habenseite steht ein Gewinn an regionaler Identität bei vielen Autofahrern."
Etwas detaillierter seziert schließlich die Mitteldeutsche Zeitung das Vorhaben. Sie erkennt, worum des Ramsauer wohl in erster Linie gegangen sein dürfte: "Aufmerksamkeit zu erzielen" sei ihm gelungen. "Schließlich sind fast alle Bürger betroffen, wenn es um neue Autokennzeichen geht." Durchdacht sei der Plan dagegen nicht. "Da ist zunächst der Aufwand. Sicher würde sich nicht jede der 11.200 Gemeinden in Deutschland für ein eigenes Kennzeichen entscheiden. Gleichwohl wäre es eine lästige Aufgabe, alle Kennzeichen abzugleichen, um Doppelungen zu vermeiden. Auch Ramsauers Argument, die regionale Identifikation stärken zu wollen, überzeugt nicht. Nach mehreren Gebietsreformen haben sich in Sachsen-Anhalt viele Menschen gerade mit den neuen Strukturen arrangiert und sind nun mitunter stolz mit neuem Kennzeichen."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Johannes Graf