Pressestimmen

Strafanzeige gegen Limburger Bischof "Ein Gegenentwurf zu Franziskus"

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Dem Bischof von Limburg, Franz-Josef Tebartz-van Elst, droht ein Strafbefehl wegen Falschaussage. Doch auch seine mit 31 Millionen Euro deutlich über den veranschlagten Kosten liegende Residenz hat dem Geistlichen reihenweise Kritk und Rücktrittsaufforderungen eingebracht. Die deutsche Presse sieht im Verhalten des Bischofs nicht nur einen Verstoß gegen christliche Tugenden, sondern auch gegen die bescheidene Linie des Papstes.

Der Südkurier aus Konstanz zitiert zum Fall Tebartz-van Elst das achte Gebot: "Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen." Dies sei das Gebot der  Ehrlichkeit und habe in den meisten Kulturen der Welt Gültigkeit. Dass nun gerade "ein katholischer Bischof mit diesem Gebot in Konflikt kommt", würde für seine Kirche zum Problem. "Nicht nur das kleine Bistum Limburg" beschädige Tebartz-van Elst durch sein Verhalten, sondern bundesweit "die Gemeinschaft, der er dienen sollte." Von nun an würde es für den Bischof schwierig, etwa vor Kindern eines kirchlichen Kindergartens zu sprechen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt mit Blick auf die Ereignisse, dass der Limburger Bischof mittlerweile "selbst jenes Vertrauen verloren" habe, "das die wenigen verbliebenen Gutgläubigen" noch in ihn gesetzt hätten. Es sei schon für sich genommen ein Skandal, dass von den insgesamt 31 Millionen Euro, die die neue Residenz des Geistlichen gekostet habe, allein 20 Millionen auf Bauwerke entfielen, deren Bau einzig auf Geheiß des Bischofs veranlasst wurde. "Eine Schande aber ist es, dass Personen von untadeligem Leumund allen Grund haben, den Bischof öffentlich als Lügner und Betrüger zu bezeichnen", meint die FAZ. Damit sei nicht nur das Ansehen der Person Tebartz-van Eltz beschädigt worden, sondern auch das des Bischofsamtes an sich.

Papst Franziskus wäscht einem jugendlichen Straftäter im vergangenen März die Füße - die auf Demut und Offenheit basierende Linie Franziskus' hat viele Beobachter begeistert.

Papst Franziskus wäscht einem jugendlichen Straftäter im vergangenen März die Füße - die auf Demut und Offenheit basierende Linie Franziskus' hat viele Beobachter begeistert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Berliner Zeitung sieht durch die Vorfälle wieder einmal ein Schlaglicht auf die Strukturen der katholischen Kirche geworfen. "Das scheinbar neue Denken bedient sich alter katholischer  Schemata: der Berufung auf höhere Autorität zur Absicherung des  eigenen Verhaltens", schreibt die Berliner Zeitung und meint, dass es am Ende doch wieder am Papst läge, dem Tun des Limburger Bischofs Einhalt zu gebieten. "Ausgerechnet hier, wo es in der Kompetenz der Ortskirche läge", würden die Mängel einer Kirchenverfassung, die alle Macht in die Hand eines Einzigen gibt, offenbart.

Beim Tagesspiegel betrachtet man vor allem das häufige Missverhältnis zwischen Anspruch und Auftreten katholischer Würdenträger. Die Armut "zum Maßstab kirchlichen Handelns zu machen" bedeute, dass der Lebensstil von Pfarrern, Bischöfen und Papst die Glaubwürdigkeit des ganzen Programmes bestimme. Papst Franziskus selber mache dies vor. Dieser komme den Menschen mit einfachen Gesten entgegen und, noch viel wichtiger, führe sich nicht selbstherrlich auf. "Denn zu denken, ich alleine  kann und darf alles, über mir ist ja nur noch Gott, wie es offenbar  der Limburger Bischof gewohnt ist, verträgt sich nicht mit einem  wahrhaft bescheidenen Leben", meint der Tagesspiegel aus Berlin.

Ähnlich sieht dies die Westdeutsche Zeitung aus Düsseldorf, die in Papst Franziskus "mit seiner Bescheidenheit und Nähe zu den Gläubigen" den glatten Gegenentwurf zu Tebartz-van Elst sieht. Franziskus verschaffe "damit seiner Kirche – nicht zuletzt in Deutschland – Aufwind und neues Vertrauen", was jedoch durch das Gebaren des Limburger Bischof geradezu konterkariert würde.

Was den Charakter der Armut in der katholischen Kirche ausmacht, darüber macht man sich bei der Stuttgarter Zeitung Gedanken. Denn "arm" hieße gewiss nicht "schäbig", zumindest was die neue Bischofsresidenz betrifft. Doch gehöre so manche "fürsterzbischöfliche Residenz aus Barockzeiten" heute nicht nur zur Lust, sondern auch zur geschichtlichen Last der Kirche. Die katholische Kirche in Deutschland sei überdies in vielerlei Hinsicht zu selbstsicher geworden, weswegen es höchste Zeit sei, "die Dinge neu auszubalancieren".

Beim Mannheimer Morgen ist man der Meinung, dass die drohende Geldstrafe nur noch der Tropfen wäre, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dieses Fass sei jedoch nicht mit Weihwasser gefüllt, "sondern mit einem Verschnitt aus Maßlosigkeit, Hoffart und Eitelkeit". Mithin mit jenen Eigenschaften, die die katholische Kirche selbst zu den Hauptlastern der Menschheit zähle. Daher könne es bei der in der kommenden Woche stattfindenden Unterredung zwischen Robert Zollitsch und Papst Franziskus nur eine Lösung geben: "Der Pontifex selbst muss Tebartz zum Rücktritt zwingen, bevor noch größerer Schaden an der Kirche entsteht", so wie dies seinerzeit auch beim Augsburger Bischof Walter Mixa geschah.

Dass Tebartz-van Elst gar von selbst zurücktreten könne, hält man bei den Nürnberger Nachrichten angesichts seines bisherigen Verhaltens für kaum absehbar. Damit bliebe Franziskus nur die Absetzung eines Mannes, der "sein Amt in Hochmut und in Distanz zu Priestern und Gläubigen verwaltet" und so den Verlust jenes Vertrauens riskiere, welches der neue Papst gerade erst für die Kirche zurückgewonnen habe.

Quelle: ntv.de

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