Presse vermutet Verschwörung "Ein US-Plan für alle arabischen Staaten?"
10.09.2013, 20:38 Uhr
Sie misstrauen den politischen Lösungsversuchen und vermuten geheime US-Absichten, den gesamten Nahen Osten neu zu ordnen: Arabische Medien. Sie beziehen die Syrien-Krise auch auf die politischen und gesellschaftlichen Situationen in ihren Heimatländern. Und sie beklagen die vielen Opfer, die Konflikte in ihrer Region verursachen.
Ägyptens Zeitung al-Ahram fragt: "Gibt es einen Zusammenhang zwischen den hartnäckigen US-Versuchen, Syrien anzugreifen und Versuchen, Chaos in Ägypten zu säen? Oder in anderen Worten: Stehen wir vor einem US-Plan, der sich auf alle großen arabischen Staaten bezieht, beginnend im Irak und endend in Ägypten? Wenn wir über das amerikanische Schema in Syrien und Ägypten sprechen, müssen wir zunächst erinnern: Erstens, dass Ägypten Teil der großen arabischen Nation ist, und daher ist ein Angriff auf Syrien auch ein Angriff auf Ägypten und zielt genauso auf uns. Zweitens: Wenn wir uns das große Bild anschauen, dann beginnt die Entwicklung lange vor dem Jahr 2011. Seit der geplanten zionistischen Kolonisierung, die die USA ausgerufen haben und in die die Medien seit dem 11. September eingestimmt haben, haben die Amerikaner eine Blaupause für eine Neuordnung des Nahen Ostens: Alle Bedrohung der zionistischen Präsenz soll zerstört und jeden Ansatz einer arabischen Einheit zerstreut werden."
Geheime Absichten der US-Regierung, nun auf anderem Wege das syrische Regime stürzen zu wollen, sieht auch die libanesische Zeitung al-Akhbar: "Der russische Vorschlag ist ohne Zweifel ein Wendepunkt. Und ohne Zweifel hinterlässt er ein Aufatmen in einer Region, die vernichtende Blutbäder erwartet hatte. Aber der Teufel liegt im Detail. Denn nun wird Obama (…) mit seinem Plan voranschreiten, die Rebellen auszurüsten und ihnen auf diesem Wege helfen, das Regime zu stürzen."
Das syrische Blatt al-Thawra wiederholt die Haltung staatlicher Medien der vergangenen Wochen, dass das Regime zu Unrecht bezichtigt wurde, Massenvernichtungswaffen eingesetzt zu haben, und folgert, dass dies einem imperialistischen Kalkül folge. So steht in dem Blatt zwar, "Syrien heißt die russische Initiative willkommen, aus seiner Fürsorge für das Leben seiner Bürger und seiner Sicherheit heraus", die Zeitung fährt dann aber fort: "Die US-Krankheit ist nicht nur voller struktureller Defekte, sondern ist von ansteckender, bösartiger Verseuchung. Mit dieser Krankheit wurden westliche Diplomaten und Politiker infiziert, die dann den pathologischen Symptomen des amerikanischen Modells gemäß handelten und inakzeptable Lügen verbreiteten."
Die saudische Zeitung al-Riyadh wiederum geht davon aus, dass das syrische Regime vor dem Ende stehe und schreibt: "Die politische Landkarte wird sich mit dem Sturz Assads verändern und Damaskus würde heimkehren in den Schoß der Araber." Gleichzeitig zeigt sich al-Riyadh besorgt über den Strom junger Saudis, die in fanatischem Eifer in Syrien kämpfen: "Angesichts der immer wiederkehrenden Meldungen über den Tod vieler junger Saudis, viele nicht älter als 20 Jahre, im Kampf gegen die syrischen Soldaten, wird zunehmend auf die Ähnlichkeit zur Sowjetinvasion in Afghanistan sowie zur US-Invasion in Afghanistan und im Irak verwiesen. Wie können wir diese jungen Menschen davon abhalten, in Versuchung solcher Kämpfe zu geraten? Junge Menschen, die in Palästen schlafen und Urlaub in Europa machen. Warum schaffen wir es nicht, sie vom Kämpfen in Syrien, von ihrem Selbstmord abzuhalten? Es wiederholt sich das gleiche Szenario wie im Jihad in Afghanistan und Irak: Die Jugend in der Blüte ihres Lebens, sie kämpft und stirbt in illegitimen Kriegen. Wir sehen, wie Terrorgruppen unsere Heimat und unsere Söhne nutzen, und zahlen die Rechnung dafür, bis zu diesem Moment."
Zusammengestellt von Constantin Schreiber. Er arbeitete in Syrien, Libanon, den Vereinigten Arabischen Emiraten als Reporter sowie als TV-Korrespondent in Dubai. Von 2009 bis 2011 war der gelernte Jurist Medienberater im Auswärtigen Amt. Seit 2012 ist er Moderator bei n-tv.
Quelle: ntv.de