Pressestimmen

Betreuungsgeld gegen Rente? Ein unmoralisches Angebot

Unionsfraktionschef Volker Kauder will Frauen, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, bei der Rente besser stellen. So soll der Widerstand bei CDU und FDP gegen das Betreuungsgeld gebrochen werden. Doch das zentrale Problem bleibt: Ein Betreuungsgeld hätte möglicherweise keinen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht.

Betreuungsgeld: "Bestechung mit Steuergeldern".

Betreuungsgeld: "Bestechung mit Steuergeldern".

(Foto: dpa)

Die Presse reagiert skeptisch. Die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt von einem "durchsichtigen Geschacher" in der Koalition: "Um Kritikern die Zustimmung zum umstrittenen Betreuungsgeld zu versüßen, schlägt Unionsfraktionschef Kauder zusätzlich höhere Rentenansprüche für Eltern vor. Solche Zuschläge sind zwar grundsätzlich sinnvoll, wenn man Eltern helfen will. Nur: Das zu Recht kritisierte Betreuungsgeld wird deshalb nicht ein Jota besser." Zumal unklar sei, wie die in Aussicht gestellten Leistungen bezahlt werden sollen.

Aus Sicht der Stuttgarter Nachrichten ist Kauders Angebot gar "unmoralisch". Dem Unionsfraktionschef scheine jedes Mittel recht: "Erst waren es Drohungen, nun ist es Geld." Kauders Rechnung sei kühn: "Zwar dürfte so manche widerspenstige Familienpolitikerin nun ins Grübeln geraten, weil die stärkere Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei der Rente das ist, was die Abweichlern als Alternative fordern. Im Gegenzug handelt sich Kauder aber Ärger mit den Wirtschafts- und Finanzpolitikern seiner Fraktion ein. Es soll in der Union ja noch Leute geben, die rechnen können und die an künftige Generationen denken."

"Das Brimborium ums Betreuungsgeld wird immer absurder", schreibt die Financial Times Deutschland. "Kauder sinnt auf Bestechung mit Steuergeldern. Er will in einem Aufwasch mit dem Betreuungsgeld eine fast zehn Jahre alte CDU-Forderung realisieren und die Rentenansprüche von Eltern aufbessern. Den jährlich zwei Milliarden Euro 'Herdprämie' wirft der Fraktionschef noch etliche Steuermilliarden hinterher. Sieht so maßvolle Politik aus?"

Der Mannheimer Morgen erläutert die Ursprünge des Betreuungsgeldes: "Es ist der Fluch der guten Tat. Ursprünglich ging es der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen nur darum, durch den Ausbau der Krippenplätze die Betreuungslücke im zweiten und dritten Lebensjahr zu schließen. Doch der Preis dafür wird immer höher. Eine paradoxe Situation: Mit Geld, das der Staat nicht hat, soll eine Leistung finanziert werden, die die Koalition nicht will. Und die Kanzlerin sieht schweigend zu."

In diese Kerbe haut auch Der neue Tag aus dem oberpfälzischen Weiden: "Geld spielt für die Regierungskoalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel schon seit einiger Zeit keine Rolle. Fröhlich verkünden abwechselnd FDP, CSU oder die CDU neue Segnungen, mit denen sie den Bürger beglücken wollen."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmitt

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