Bayreuth belegt vorsätzlichen Betrug "Eine Ohrfeige für Guttenberg"
11.05.2011, 20:01 Uhr
Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Am 1. März legte Guttenberg sein Ministeramt nieder.
(Foto: dpa)
Der Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung gegen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist amtlich: An rund 50 Stellen seiner Doktorarbeit hat er "fremde Passagen wiederholt und planmäßig als eigenständige wissenschaftliche Leistung ausgewiesen". Das stellt die Universität Bayreuth in ihrem Abschlussbericht zu der Plagiatsaffäre fest. Guttenberg selbst räumte eine Überforderung bei seiner Doktorarbeit ein: massive Arbeitsbelastung und hohe Erwartungen der Familie. Auf das Mitgefühl der Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen braucht er dabei allerdings nicht zu hoffen.
"Einige meinen, beim Wirbel gehe es um bloße Titel und läppische Eitelkeiten. Doch das ist falsch", schreibt die Heilbronner Stimme. Für die Zeitung aus Baden-Württemberg ist klar: "Es geht um Betrug. Kein Politiker muss einen 'Doktor' haben. Wer nicht die Zeit für die aufwendige Forschungsarbeit hat, soll es lassen. Wer es aber anpackt, muss etwas leisten. Die Wissenschaftsnation Deutschland muss auf ihren Ruf achten. Und Wähler haben das Recht, zu erfahren, ob ein Politiker ein Hochstapler und Fälscher ist. Gesellschaft und Wissenschaft müssen den entlarvenden Internetplattformen danken. Diese sind zum wichtigen Instrument der Qualitätssicherung geworden".
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung gibt sich konsterniert: "Es zeugt von einer kaum nachvollziehbaren Realitätsverweigerung einer offensichtlich narzisstisch strukturierten Persönlichkeit, dass Karl-Theodor zu Guttenberg bis zuletzt auf eine Vorzugsbehandlung in der Plagiatsaffäre wegen seiner Doppelbelastung (Beruf und Familie) setzte. Wie viele junge Mütter hätten dann nicht Anlass gehabt, ihre wissenschaftlichen Grade durch Plagiate und Täuschungsmanöver zu erschleichen? Seine bestenfalls mitleiderregende Darstellung einer Dauerüberforderung und die Unfähigkeit, eine Schwäche einzugestehen, zeigen nur, wie fatal sich fehlende Selbstkritik und Selbstkontrolle gerade in der Wissenschaft auswirken. Denn diese ist auf unbedingte Redlichkeit angewiesen".
Mit den Auswirkungen der Plagiatsaffäre sowohl auf die Person Guttenberg als auch auf die Wissenschaft befasst sich auch der Westfälische Anzeiger: "Es ist die Wortwahl, die das Ergebnis der Prüfer so schockierend macht. Wenn Fälschungen 'werkprägendes Arbeitsmuster' waren, dann ist das auch Monate nach Karl Theodor zu Guttenbergs Rücktritt noch eine Ohrfeige für eine Persönlichkeit, die als Vorzeige-Politiker galt und dies mit der Attitüde des geborenen Gewinners vorlebte". Auf der Strecke bleibe das "Vertrauen", so die in Hamm herausgegebene Zeitung: "Dies aber nicht allein gegenüber jenen, die - wie Guttenberg - schnöde Eitelkeit über politische oder menschliche Aufrichtigkeit stellen. Sondern auch in jene Hochschulen, die es ihnen offensichtlich allzu leicht machen".
Für die in München herausgegebene Süddeutsche Zeitung steht außer Zweifel: "Selbst wenn man Karl-Theodor zu Guttenberg den Gefallen tut und ihm glaubt, ist das Ergebnis für ihn verheerend. Wenn er wirklich nur mit lauter Dateien und Quellen durcheinandergekommen ist - was für ein Mensch wäre er dann? Er wäre ein Mann, der schnell in einen 'Zustand der Dauervergesslichkeit' gerät. So sagt es die Universität. Er wäre ein Mann mit 'chaotischer' Arbeitsweise. So sagt es Guttenberg selbst. Ein Mann mit solchen Eigenschaften sollte sich von der Politik lieber fernhalten. Es ist doch schwer zu glauben, dass so viel Schlampigkeit und so wenig Erinnerungsvermögen nur auf private Belange beschränkt bleiben würden".
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke