Wahlen in der Euro-Zone "Eine Ohrfeige für Merkel"
07.05.2012, 20:50 Uhr
Die Wahlen in Frankreich und Griechenland stellen Angela Merkel und ihre Politik der europaweiten Sparvorgaben vor Probleme. Ein "Weiter so" wird es mit Hollande in Paris und wohl auch in Athen nicht geben. In den Augen der Kommentatoren hat die Kanzlerin "die Leidensfährigkeit der Menschen schlichtweg überschätzt".
"Quo vadis, Europa?", fragt die Westdeutsche Zeitung. Und führt weiter aus: "Diese Frage dürfte insbesondere Angela Merkel nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland umtreiben. Denn in letzter Konsequenz waren beide Urnengänge auch eine Ohrfeige für die Politik der mächtigsten Frau Europas." Mit dem kompromisslosen Konsolidierungskurs, den die Bundeskanzlerin den europäischen Schuldenstaaten diktiere, habe sie "die Leidensfähigkeit der Menschen ausgereizt - und schlichtweg überschätzt".
Auch der Mannheimer Morgen macht in den Wahlergebnissen vom Sonntag ein Problem für die Kanzlerin: "Bei unserem Nachbarn hat in Wirklichkeit ein pragmatischer Politiker einen Gescheiterten abgelöst, dem am Ende nicht mehr einfiel, als Angela Merkel zu hofieren." Das habe bei den stolzen Franzosen eben nicht funktioniert. "Aber auch Hollande kann jetzt nicht wie sein großes Vorbild François Mitterrand 1982 einfach die Schlüsselindustrien oder die Banken verstaatlichen. Die Erschütterung an den internationalen Börsen belegt, es bleibt keine Zeit für unsinnige Experimente."
Die Frankfurter Allgemeinen Zeitung rekurriert auf den Wahltag des deutschen Bundespräsidenten: "Joachim Gauck hatte nach seiner Wahl noch von einem schönen Sonntag sprechen können. Die Bundeskanzlerin kann das vom vergangenen Wahlsonntag nicht sagen." Ob es einsam um die "Zuchtmeisterin Europas" werde, hänge vor allem davon ab, wie schnell der Wahlkämpfer Hollande im Amt des Präsidenten und in der Wirklichkeit Europas ankomme". Der Ausgang der Griechenland-Wahl stelle eine neue Zuspitzung dar. "Was tun die Retter, wenn die zu Rettenden nicht gerettet werden wollen?", fragt der Kommentator.
Der Berliner Tagesspiegel widmet sich nach dem europäischen Wahlwochenende der Frage: Wachstum oder Sparen? "Bei der Frage, ob Europas Regierungen sparen oder Wachstum schaffen sollen, geht es um einen nur vermeintlichen Gegensatz, der erst von falschen Annahmen, Irrtümern und Lügen geschaffen wird. Die naheliegende Antwort wäre, dass die Regierungen beides leisten müssen: weitersparen und Wachstum schaffen." Doch die Wahrheit sei, dass die meisten mit dem Sparen noch gar nicht angefangen hätten, heißt es weiter. Auch Deutschland nicht. Denn das Land tilge noch keine Schulden.
Quelle: ntv.de