Armee verhaftet Mubarak "Eine heikle Gratwanderung"
13.04.2011, 20:21 UhrZwei Monate ist es her, dass der ägyptische Ex-Präsident Husni Mubarak den Rückzug von der Macht antrat. Jetzt sind er und zwei seiner Söhne verhaftet worden. Ein Ablenkungsmanöver des Militärs, nachdem die Proteste auf dem Tahir-Platz wieder aufflammen? Ein Zeichen der Hoffnung sieht die Presse in dem Vorgehen der Armee jedenfalls nicht.
"Die ägyptische Armee-Führung hat das Ventil geöffnet: In Kairo jubeln die Menschen zum zweiten Mal. Der gestürzte und verhasste Ex-Präsident Mubarak und zwei seiner Söhne müssen sich als Untersuchungshäftlinge vor der Justiz verantworten. Revolution - Teil II?" fragen die Westfälischen Nachrichten aus Münster und fügt hinzu: "Ein kurzer Prozess, wie ihn sich womöglich mancher erhofft, würde einen Schatten auf die Demokratiebewegung am Nil werfen. So schnell werden die Ägypter die Geister der Vergangenheit nicht los. Der Fall Mubarak bleibt vorerst eine heikle Gratwanderung - für Volk und Militärs."
Mit der Verhaftung Mubaraks trete das Militär die "Flucht nach vorn" an, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Den Revolutionären gehe die Entwicklung zu langsam voran. Außerdem werde die Lage brisanter: "Am Wochenende gab es auf dem Tahrir-Platz in Kairo wieder Tote. Und ein bekannter Blogger, noch dazu ein Kopte, wurde ins Gefängnis geworfen, weil er die Militärführung unter General Hussein Tantawi kritisiert hatte. Da kann man als Militär die Stimmung verbessern, indem man mit den Ermittlungen gegen den gestürzten Staatschef endlich Ernst macht. General Tantawi muss es indessen hart ankommen, seinen ehemaligen Kameraden, den Flieger-General Mubarak, in dieser Lage zu sehen."
"Der Pharao hinter Gittern: Was aussieht, wie ein Zeichen der Hoffnung auf eine Demokratisierung in Ägypten, ist wohl eher ein Zeichen einer steckengebliebenen Revolution", kommentiert die Landeszeitung Lüneburg, denn "die Inhaftierung Mubaraks durch den Militärrat folgt nicht zufällig auf das Wiederaufflammen der Bürgerproteste." Der Armee werde durch den Druck der Straße bewusst, dass die Revolution "mit der Errichtung einer Militärdiktatur" noch nicht beendet ist. "Die Abrechnung mit dem einst Unantastbaren soll den Militärs Sympathien zurückbringen, die sie bereits verspielt haben. Im Ausland wird das Signal Erschütterungen auslösen: Bei den Despoten, die noch um ihre Macht ringen. Der Fall des Pharao ist für sie ein Menetekel."
Auch das Handelsblatt aus Düsseldorf ist sich sicher, dass die Armee mit der Aktion von sich selbst ablenken will. Immerhin hatte das Militär, "und eben nicht nur der gestürzte Familienclan des Präsidenten, das Land und seine Wirtschaft fast vollkommen usurpiert. Da die Generäle ihr Wirtschaftsimperium, das von Farmen bis zu Elektrofabriken weite Teile der ägyptischen Ökonomie umfasst, und ihre Uniformierten an den Schalthebeln der Macht erbittert verteidigen, ist der Kampf um die Zukunft des Pharaonenstaats voll entbrannt."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki