Pressestimmen

Obamas Grundsatzrede "Eine neue Nachdenklichkeit"

Die Kairo-Rede von US-Präsident Barack Obama wird von der Presse überwiegend positiv bewertet. Er habe neue Töne angeschlagen und der muslimischen Welt die Hand gereicht. Seinem Appell für mehr Respekt müssten nun jedoch Taten folgen.

Die Grundsatzrede von US-Präsident Barack Obama wird von der Presse größtenteils positiv bewertet. Er habe neue Töne angeschlagen und reiche der muslimischen Welt die Hand. Seinem Appell für mehr Respekt müssen nun jedoch Taten folgen.

Obama hielt in Kairo seine Rede an die muslimische Welt.

Obama hielt in Kairo seine Rede an die muslimische Welt.

(Foto: dpa)

Für die Süddeutsche Zeitung stehen die Bemühungen des US-Präsidenten noch ganz am Anfang: "Obama zimmert derzeit nur die Bühne, auf der er später einmal - in Form von Krisenkonferenzen oder globalen Gipfeln - seine Weltpolitik inszenieren will. Das genaue Drehbuch für sein geplantes Drama von Krieg und Frieden, ja von der Aussöhnung zwischen Orient und Okzident, kennt auch der Präsident selbst bisher wohl nur vage." Ob die anderen Akteure im Nahen Osten "- Israelis wie Palästinenser, Ägypter, Iraner, Syrer, Saudis und viele mehr - mitspielen werden", sei ungewiss. Hier könne und müsse Obama hoffen. "Die Klage jedenfalls, bei allem rhetorischen Zauber lasse Obama einen magischen Wegweiser zum Frieden im Nahen Osten vermissen, kommt zu früh. Den Glauben an Pläne und Roadmaps hat das Heilige Land, diese von Gewalt so verfluchte Region, ohnehin längst verloren."

Die Märkische Allgemeine hält Obamas Ablehnung der israelischen Siedlungsbemühungen für die wichtigste Aussage seiner Rede in Kairo. Es sei der "in politisch-materieller Hinsicht härteste Satz" gewesen, "dass die Vereinigten Staaten die Rechtmäßigkeit der israelischen Siedlungstätigkeit nicht akzeptierten, weil sie vorhergehende Abkommen verletze und die Bemühungen untergrabe, Frieden zu erlangen". Zwar lasse dies an Klarheit nichts zu wünschen übrig, aber wie "könnten den Worten Taten folgen?", fragt das Blatt aus Potsdam. Als eine mögliche Antwort darauf erinnert es an eine Erklärung George Bushs senior, der ironischerweise Anfang der neunziger Jahre vorexerziert habe, wie es gehen könnte: "Damals ließ er erklären, dass die amerikanische Regierung Israel keine Milliardenkredite mehr gewähre, solange es auf seiner völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten beharre."

Der US-Präsident besuchte auch die Sultan-Hassan-Moschee in in der ägyptischen Hauptstadt.

Der US-Präsident besuchte auch die Sultan-Hassan-Moschee in in der ägyptischen Hauptstadt.

(Foto: AP)

"Die ungelösten Konflikte im Nahen und Mittleren Osten werfen einen Schatten auf Obamas Versöhnungsbotschaft", schreibt der Nordbayerische Kurier, denn "sie werden nicht nur von den Terroristen der El Kaida immer wieder instrumentalisiert". Doch der US-Präsident sorge für eine "neue Nachdenklichkeit in der Weltgemeinschaft, weil er Schluss macht mit dem imperialen Gehabe der einzig verbliebenen Supermacht". "Diese braucht nun Zeit, um wirken zu können. Und sie braucht konkretes politisches Handeln, um den Prozess der Aussöhnung zu fördern, der die Welt so viel reicher machen kann."

"Obama gibt die Fehler der USA im Irak zu und sendet Signale an den Iran. Noch nie hat ein US-Präsident den Muslimen so aus den Herzen gesprochen und seinen Respekt vor ihrem Glauben und dem Koran bekundet." Der Mannheimer Morgen spricht von einer brillianten Rede, die allein jedoch die Welt noch nicht verändern werde. "Der Nahost-Konflikt wird zu einem Testfall dafür, ob Obama (Worte alleine reichen nicht) die Kraft hat, wirklich etwas zu bewegen." Bisher schlage er aus seiner Biografie Kapital: "Ein Afro-Amerikaner, aufgewachsen im größten islamischen Land der Welt, das macht Obama sympathisch und nimmt El Kaida gleichzeitig sein verzerrtes Feindbild. Das weiß der Präsident, er sucht deshalb das Bündnis mit den friedfertigen Muslimen gegen die Terroristen."

"Die Rede ist keine Rede, die Vorteilssuche raffiniert verbirgt". Für die Braunschweiger Zeitung steht sie vielmehr ganz in der Tradition Martin Luther Kings als "ein emotionaler Appell für Respekt, Gleichberechtigung und Ausgleich". "Obama hat unmissverständlich klargemacht, dass er der Vertreter einer Nation der Freiheit ist, die sich mit Fug und Recht gegen Klischees, Vorwürfe und Feindbilder wehrt und die sich nicht dem Terror beugen wird", fasst das Blatt zusammen und jubelt: "Am 4. Juni 2009 ist die Rede eines amerikanischen Präsidenten in der Al-Azhar-Universität in Kairo durch Beifall unterbrochen worden. Das ist wunderbar."

Auch die Pforzheimer Zeitung macht in der Emotionalität der Rede ihre große Stärke aus: "Obama reicht den Menschen von Marokko bis Pakistan die Hand. Ein kluger Schachzug, wenn man bedenkt, dass zumindest Teile der islamischen Welt sich längst danach sehnen, endlich vom Westen ernst genommen zu werden. Obama wird ihre Unterstützung noch brauchen bei der Bekämpfung von El Kaida." Die Rede ziele zwar darauf ab, dass Worte Wunder wirken können, doch was den Worten "nachfolgt, hängt nun unter anderem davon ab, wie sie aufgenommen werden - von der Presse, der Politik und den Imamen in den Moscheen". "Der Anfang für eine bessere Zukunft ist jedenfalls gemacht."

Zusammengestellt von Nadin Härtwig

Quelle: ntv.de

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