Koalitionskrach um Betreuungsgeld "Es geht um Geschacher"
25.09.2012, 20:52 Uhr
Die FDP hat den von CDU und CSU ausgehandelten Kompromiss zum Betreuungsgeld abgelehnt
(Foto: dapd)
Der Streit ums Betreuungsgeld entzweit die Regierungskoalition. Über die Chancen für den Gesetzesentwurf kann man in der Unionsfraktion derzeit nur spekulieren. Nachdem sich die FDP gegen den zuvor zwischen CDU und CSU intern ausgehandelten Kompromiss gesperrt hat, ist die für den 18. Oktober im Bundestag vorgesehene Verabschiedung zunächst geplatzt. Die Presse ist sich einig: In dem Koalitionskrach gehe es nicht um unvereinbare Prinzipien und Überzeugungen sondern um den Handel von Wahlgeschenken.
Die Frankfurter Rundschau kommentiert, sie sei von der Ablehnung der FDP gegenüber dem Betreuungsgeld "einen Augenblick lang" überrascht gewesen. Es schien als sei die FDP "eine Partei mit Prinzipien, eine Partei, die nicht alles mitmacht, um bloß an der Macht zu bleiben, eine Partei, die ein Zeichen setzt gegen ideologische Verblendung und Verschwendung." Die Verlautbarung der FDP, man sei zu einem Handel bereit, zeige jedoch klar und deutlich, worum es wirklich gehe: "Schenkst du deiner Klientel etwas, will ich das auch."
Die Märkische Oderzeitung betont ebenfalls, wie unverhohlen die FDP den politischen Handel anbietet: "So deutlich wird selten formuliert, dass es in der Koalitionsarbeit derzeit vor allem um Geschacher geht." Das Betreuungsgeld werde, so die Zeitung weiter, durch die politischen Spielereien zum Wackelkandidaten und "in der Koalition knirscht es mal wieder."
Der Tagesspiegel hält das Betreuungsgeld keineswegs für einen Wackelkandidaten und ist sich sicher: "Angela Merkel und Philipp Rösler werden das Betreuungsgeld ins Gesetzblatt heben." Der Prozess der Verhandlungen sei, laut Zeitung, bereits zu weit fortgeschritten und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer "zu sehr mit dem Projekt verbunden", um jetzt noch den Gesetzesentwurf fallenlassen zu können. Allerdings könne die kostenintensive Leistung für "den selbst ernannten Haushaltssanierer" zum Eigentor werden.
Die Leipziger Volkszeitung schlägt in die gleiche Kerbe und kommentiert: "Der familienpolitische Leistungskatalog ist leider schon voll mit Maßnahmen, die sich teuer aufsummieren, aber wenig Erfolg bringen. Deshalb stellt sich ganz nüchtern die Frage: Was treibt diese Rumpelregierung dazu, sich inbrünstig um das Betreuungsgeld zu streiten, als hinge davon Frieden, Freiheit, Vaterland ab?" Das sich nun ausgerechnet Seehofer in Geduld üben will, um der FDP entgegenzukommen "kann kein wirklicher Trost sein."
Der Kölner Stadt-Anzeiger wundert sich wenig um das politische Geschachere und sieht die Koalitionsarbeit nicht gefährdet: "Was wir derzeit erleben, das erleben wir in Abstufungen seit drei Jahren. Alles waren Stürme im Wasserglas. So ist es nun abermals." Um Seehofer bestehe allerdings Grund zur Sorge, so die Zeitung weiter, denn es bestehe die Gefahr, "dass Seehofer im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl, die zeitgleich mit der Bundestagswahl im Herbst 2013 stattfindet, die Nerven verliert und die Berliner Koalition verlässt. Das allerdings würde bedeuten, einem kleinen Fehler einen großen Fehler hinzuzufügen."
Quelle: ntv.de, dpa