FDP wählt Rösler zum neuen Chef "Es geht ums Ganze"
13.05.2011, 20:57 Uhr
Der neue FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler (l) steht auf dem Bundesparteitag der FDP in Rostock neben seinem Amtsvorgänger Guido Westerwelle.
(Foto: dpa)
Die FDP hat nach sich nach einem der härtesten Machtkämpfe in ihrer jüngeren Geschichte von der Ära Guido Westerwelle verabschiedet und den Machtwechsel an ihrer Führungsspitze vollzogen. Die Erwartungen an den - erst 38 Jahre alten - neuen Parteichef Philipp Rösler sind groß: Er soll die Liberalen als Parteichef, Vizekanzler und Wirtschaftsminister aus ihrer Dauerkrise führen.
Die Tageszeitung (taz) aus Berlin kommentiert den Wechsel an der Parteispitze der FDP wie folgt: "Nach zehn Jahren Westerwelle ist die FDP eine Partei ohne Erzählung, eine Organisation auf der Suche nach einem Sinn. Wohin jetzt? Eine rechtspopulistische Wende ist, zumal als Regierungspartei, kaum möglich. Es gibt zwar im Bürgertum einen Resonanzboden für EU-Skepsis und Islam-Bashing. Aber dieses Wendemanöver würde das FDP-Boot derzeit zum Kentern bringen. So tut die FDP, was möglich ist. Irgendwie regieren. Sie wird bei der Energiewende auf die Bremse treten, aber sinnstiftend ist das auch nicht. Für diesen vagen Kurs ist Philipp Rösler genau der Richtige. Habituell ist er das Gegenteil von Westerwelle: leise, nicht laut, moderat, nicht polarisierend. Mit Rösler setzt die FDP auf Unauffälligkeit. Mehr ist für die FDP nicht drin".
"Wo der bisherige Vorsitzende Guido Westerwelle und auch Birgit Homburger gern mit Machtworten operierten, setzt der neue Vormann Rösler auf Gesprächstherapie", wirft die Süddeutsche Zeitung ein. "Das dauert gelegentlich etwas länger, wie die Personaldebatten vor dem Parteitag gezeigt haben. Das Ergebnis aber ist möglicherweise nachhaltiger als die Basta-Methode." Die in München erscheinende Tageszeitung kommt zu dem Schluss: "Wenn es Rösler gelingt, den in Rostock wiedererstandenen Teamgeist zu bewahren, dann hat diese neue Führung eine Erfolgschance".
Auch die Rhein-Neckar-Zeitung schenkt dem neuen FDP-Chef ihr Vertrauen: "Mit der FDP wird es aufwärts gehen unter Philipp Rösler. Denn tiefer als unter Westerwelle können die Liberalen nicht sinken. Vier Prozent als Dauerumfragewert - das ist ohnehin zu wenig, dem Grundgeist des Liberalismus nicht angemessen. Die moderierende Art des neuen Parteichefs, sein geduldiges Operieren am offenen Herzen (übrigens Thema seiner Doktorarbeit) - die neue Betulichkeit, das ist genau das, was die von Westerwelle und Brüderle überhitzt vorangetriebene Partei nun braucht. Natürlich werden sich die Erfolge nicht sofort einstellen. Aber am Ende zahlreicher taktischer Überlegungen wird ein neues liberales Programm stehen. Vermutlich eines, das sich nicht nur den Besserverdienenden widmen wird".
Die in Düsseldorf erscheinende Westdeutsche Zeitung verliert nicht viele Worte: "Rösler und sein Team entscheiden darüber, ob aus der FDP ein Supertanker wird oder ein Narrenschiff. Nach diesem Wochenende dürfte zumindest ein Satz im Logbuch vermerkt sein: Neuer Kapitän an Bord, Kurs liegt im Nebel".
Nach der Devise 'Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube' schreibt das Mindener Tageblatt: "Die jetzt vollzogene Neuaufstellung des Führungspersonals allein wird kaum reichen, das so schnell und so massiv verspielte Wählervertrauen in größerem Umfang zurückzugewinnen. Und auch der innere Parteifrieden ist damit noch lange nicht wiederhergestellt; das wird steigender Umfragewerte und vor allem respektabler Wahlerfolge bedürfen". Die Zeitung aus Nordrhein-Westfalen ist überzeugt: "Leicht wird das nicht. Die Operation 'Zurück in die Wählergunst' wird angeführt von jungen Aushängeschildern, die den Erfolgsnachweis noch schuldig sind. Scheitern ist gleichwohl nicht erlaubt, denn es geht ums Ganze: um die Frage nämlich, ob die FDP noch eine Zukunft hat".
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke