Pressestimmen

Merkel betont deutsche Verantwortung "Es war eine große Rede"

Siebzig Jahre nach den Schüssen des deutschen Kriegsschiffes "Schleswig-Holstein" auf die polnische Festung Westerplatte haben Staatsgäste aus aller Welt in Danzig an den Beginn des Zweiten Weltkrieges erinnert. Zu den Gästen der polnischen Regierung gehörten insgesamt zwanzig Regierungschefs, darunter Russlands Ministerpräsidenten Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich uneingeschränkt zur deutschen Verantwortung für den Krieg bekannte.

Merkel verneigte sich vor den Opfern.

Merkel verneigte sich vor den Opfern.

(Foto: dpa)

Die Volksstimme sieht in dem Umstand, dass Merkel und Putin gemeinsam mit der polnischen Führung des Überfalls Nazi-Deutschlands auf Polen vor 70 Jahren gedachten "ein gutes Zeichen". Dennoch höre sich die Begleitmusik mitunter an, als wolle mancher mit Geschichte Politik gegen andere machen, heißt es weiter. Das Magdeburger Blatt warnt: "Am Ende des Krieges wurden 60 Millionen Tote gezählt sowie Millionen Verwundete, Verelendete, Vertriebene. Damit sich solche Tragödien nicht wiederholen, müssen wir Probleme mit der Geschichte klären und zugleich nach vorn schauen. Denn wir haben nicht nur eine Vergangenheit, wir haben auch eine gemeinsame Zukunft."

Dafür, dass sich Angela Merkel ohne Wenn und Aber zur deutschen Verantwortung für den Krieg bekannt habe, gebühre ihr "Hochachtung", konstatiert das Flensburger Tageblatt. "Dies umso mehr, als sich die CDU-Chefin im Wahlkampf befindet. Merkel selbst ist zwar gänzlich unverdächtig, nationalistische Stimmungsmache in Stimmen umsetzen zu wollen. Dennoch sind die Gefahr und die Versuchung für konservative Politiker stets vorhanden, mit einem dosiert falschen Zungenschlag rechtes Wählerpotenzial abschöpfen zu wollen. Man denke etwa an Edmund Stoibers 'durchrasste Gesellschaft' von einst. Für die Kanzlerin dagegen zählte allein die Staatsräson. Es war eine große Rede."

Die Berliner Zeitung beanstandet "Merkels Verweis auf die Vertreibungsfrage, den sie zum Glück bei ihrer Rede auf der offiziellen Gedenkfeier in Polen nicht wiederholt hat", als unangebracht: "Auf kein anderes Thema reagieren die Polen sensibler und emotionaler", heißt es hier. Dafür müsse man als Deutscher Verständnis aufbringen ­ und deswegen zuweilen schweigen. "Es ist nicht etwa fehlendes Geschichtsbewusstsein, das Bundeskanzlerin Merkel motiviert hat. Es ist schlichtweg der Wahlkampf in Deutschland, der sie dazu gebracht hat. Die Vertriebenen sind eine wichtige Wählergruppe für die Union. Sie zu streicheln ist erste Pflicht für eine konservative Regierungschefin, die wiedergewählt werden möchte. Das ist legitim ­ und zwar unabhängig davon, ob man das in Berlin geplante Vertriebenenzentrum für eine wichtige Einrichtung hält oder für eine Institution, die im deutsch-polnischen Verhältnis alte Wunden eher wieder aufreißen wird."

"Auch 70 Jahre danach ist der 1. September eine offene Wunde geblieben und ein Datum, das geradezu körperlich schmerzt", konstatiert die Märkische Allgemeine. "Der 1. September ist verbunden mit dem Eingeständnis, dass ein grausamer Krieg nicht reichte, die Deutschen zur Vernunft zu bringen - da sind die Scham, einem Wahnsinnigen nachgelaufen zu sein, und das Wissen, dass die Herkunftsbezeichnung 'deutsch' wohl nie wieder eine unbefangene Vokabel wird." Doch für das Potsdamer Blatt ist der 1. September nicht nur ein Datum der Trauer, sondern auch "des Dankes, dass Europa nach all dem wieder frei und einig geworden ist. Und es ist ein Tag der Mahnung, dass brauner Ungeist keinen Millimeter Raum mehr haben darf."

Zusammengestellt von Susanne Niedorf

Quelle: ntv.de

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