Verkürzung der Wehrpflicht "Fatal" für den Zivildienst
17.03.2010, 20:50 UhrGuttenberg will den Wehrdienst von neun auf sechs Monate verkürzen. Doch laut n-tv.de braucht Deutschland eine Armee und keine Wehrpflichtigen. Das jetzige Modell ist längst überholt. Warum den Wehrdienst also nicht gleich abschaffen und eine Berufsarmee einführen, fragt die Presse. Doch manche sehen dadurch hauptsächlich den Zivildienst in großer Gefahr.
Wenn man den Verteidigungsminister so "schneidig" reden hört, traue man seinen Ohren kaum, befindet die Allgemeine Zeitung. "Wurden während des neunmonatigen Wehrdienstes bislang etwa zu oft Däumchen gedreht wo unserer Bundeswehr doch im Kampf gegen den Terror und bei der Verteidigung unserer Freiheit mittlerweile eine so hohe Bedeutung zukommt?" Das Blatt habe eher erwartet, dass "die auch nicht gerade üppig bemessenen neun Monate wenigstens zu einer gründlichen Ausbildung genutzt werden", denn immerhin stehe Deutschland vor neuen Herausforderungen. Fazit: "Eine Verkürzung des Wehrdienstes ist vor diesem Hintergrund falsch."
Auch das Mindener Tageblatt diskutiert den Sinn der Verkürzung und erinnert: "Ironischerweise beklagen Experten selbst unter den Befürwortern der Wehrpflicht, dass ein sechsmonatiger Dienst eher sinnlos sei." Auch die Wohlfahrtsverbände würden "ins Schleudern kommen", denn müsste der Zivildienst ja angepasst werden. Das Blatt vermutet, dass die Wehrpflicht möglicherweise noch schneller Geschichte wäre, wenn es den Zivildienst nicht gäbe. Doch dessen Tage sind jetzt gezählt. "Die Gesellschaft verbaut sich (und ihren jungen Generationen) damit eine wertvolle Gelegenheit, das Gemeinwohl als konkrete Verpflichtung erleben zu können."
"Die Verkürzung des Wehrdienstes wird nicht ohne Auswirkung auf den Zivildienst bleiben", konstatiert auch der Wiesbadener Kurier. Eine Reduzierung scheine der Regierung hier "weniger verantwortbar als bei der Bundeswehr sinnigerweise aus Qualitätsgründen". Als Lösung schlägt das Blatt "ein soziales Pflichtjahr für alle Schulabgänger" vor. Aber "das hätte dann fast etwas von einem Konzept. weshalb man kaum daran zu glauben wagt."
Der General-Anzeiger meint, es wäre "fatal, wenn über die Regierungspläne zur Wehrpflicht das Ende des Zivildienstes eingeläutet würde". Gerade im Sozialbereich gebe es viel Arbeit. Doch Wohlfahrtsverbände würden bereits erwägen, "ganz auf Zivis zu verzichten, weil sie binnen eines halben Jahres (…) nicht ausgebildet werden können".
"Jede weitere Verkürzung der Wehrpflicht ist ein Schritt mehr zu ihrer Abschaffung", schreibt die Hessische/Niedersächsische Allgemeine. Denn kürzer gehe es ja irgendwann nicht mehr. "Und gerecht ist diese Pflicht bei einer Einberufungsquote von nur 15 Prozent längst nicht mehr." Bislang hätte die CDU/CSU von der FDP ein Koalitions-Ja zur Wehrpflicht bekommen. "Es ist aber nur noch ein Ja, aber - die endgültige Diskussion über ein Nachfolgemodell Freiwilligen- oder Berufsarmee rückt näher."
"Warum wagt es die schwarz-gelbe Koalition eigentlich nicht, sich endgültig von der Wehrpflicht zu verabschieden?", fragt die Heilbronner Stimme. Die Verkürzung ist dagegen eine schlechte Wahl, denn "stattdessen schafft man das Abziehbild eines Militärs, das jetzt schon als Neun-Monats-Truppe mit Material-, Personal- und Führungsmängeln kämpft. Ein Vierteljahr weniger dürfte die Probleme verschärfen. Unsere Nachbarn setzen seit Jahren bewusst auf Berufsarmeen mit ausgebildeten Spezialisten. Warum kann das kein Vorbild für Deutschland sein?"
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger