Pressestimmen

Schlagabtausch zwischen Gabriel und Slomka "Frau Slomka, das können Sie besser!"

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In einem Interview befragt "heute-journal"-Moderatorin Marietta Slomka SPD-Parteichef Sigmar Gabriel nach der Verfassungskonformität des geplanten Mitgliedervotums seiner Partei. Ein Leipziger Staatsrechtler hatte zuvor Zweifel daran geäußert, ob die Einflussnahme der SPD-Basis auf die Abgeordneten nicht zu weit gehe. Gabriel reagiert gereizt, Slomka lässt nicht locker und wirkt dabei verbissen. Schließlich wirft der SPD-Chef ihr sogar Parteilichkeit vor. Die deutschen Medien beschäftigen sich ausführlich mit dem Thema. Dabei wird eins deutlich: Sie freuen sich über die leidenschaftliche Diskussion. An ihrer Kollegin Slomka üben sie aber Kritik.

Die Nürnberger Nachrichten empfinden den Schlagabtausch zwischen Gabriel und Slomka zunächst erfrischend und in der Sache lohnend. Beide hätten Klartext geredet, was bei Interviews zu selten der Fall sei. Aber: "Wäre die Befragung verfassungswidrig, wären wohl alle bisherigen Koalitionen ohne Grundlage. Denn da winkten Parteitage, teils noch überschaubarere Funktionärsrunden, die Vereinbarungen meist durch - so wie jetzt die CSU. Nun wird diese Beteiligung der Parteien bei der SPD ausgeweitet. Bei Willy Brandt hieß das "Mehr Demokratie wagen". Das Votum der Basis ist eben kein imperatives, mit konkreten Anweisungen verbundenes Mandat, was in der Tat heikel wäre: Die Mitglieder entscheiden nur darüber, ob die GroKo kommt - keineswegs darüber, welche Politik die dann im Detail macht."

Auch die Aachener Nachrichten freuen sich über die Diskussion. Es spiele deshalb keine Rolle, wer nun am Ende wirklich im Recht sei, "die etwas zu aufgekratzt wirkende Slomka, deren Nachhaken penetrant wirkte; oder Gabriel, dessen persönlicher Angriff auf die Moderatorin nicht unbedingt als Ausweis von Souveränität zu werten sein dürfte." Wenn über Politik öffentlich und leidenschaftlich gestritten werde, sei das schon ein Gewinn für das deutsche Fernsehen. Denn: "Politiker und Journalisten sind Menschen, keine Maschinen. Sie sind gelegentlich eitel, pampig oder angriffslustig. Und es ist schön, wenn man das auch ab und an zu sehen bekommt."

"Von einem Eklat zu sprechen wäre völlig fehl am Platze.", urteilt auch die Nordwest-Zeitung aus Oldenburg. Denn über Politik dürfe nun einmal gestritten werden, auch leidenschaftlich und mit harten Bandagen. Als TV-Zuschauer könne man sich davon nur mehr wünschen. "Wann kommt es schon mal vor, dass ein Fernseh-Interview auch am nächsten und übernächsten Tag noch Gesprächsstoff bietet? Zudem zeigt das Ganze: Politiker sind auch nur Menschen. Werden sie angegangen, keifen sie zurück. Das ist nur menschlich, das muss erlaubt sein.", findet das Blatt.

"Irgendeinen profilierungssüchtigen Professor, der eine steile These vertritt, findet man immer", meint die Magdeburger Volksstimme. Manche Medien machten das zwar zur Methode, von einer ZDF-Nachrichtensendung erwarte man aber eigentlich, dass solche Thesen zunächst auf Plausibilität geprüft würden. "Zumal wenn sie von Staatsrechtlern stammen, die wie der Leipziger Christoph Degenhart gern und erfolglos ihre Rechtsauffassung gegen die allgemeine durchzusetzen versuchen. Marietta Slomka hätte also auch selbst zu der Erkenntnis kommen können: Mitgliederbefragung nicht verfassungsgemäß? Quatsch! Stattdessen befragt sie einen Politiker, der 48 Stunden kaum zur Ruhe gekommen ist, nach diesem Quatsch. Dass Abgeordnete weniger frei sind, wenn viele Mitglieder statt wenige über den Kurs ihrer Partei entscheiden, mag für Frau Slomka eine ernsthafte These sein. Bedenkt man es recht, ist es Quatsch. Und endlich hat es ein Politiker auch ausgesprochen. Sag`s noch einmal Sigmar! "Quatsch!". Recht hat er."

Der Schwarzwälder Bote aus Oberndorf wendet sich in seinem Kommentar direkt an die "Heute-Journal"-Moderatorin: Liebe Marietta Slomka, eigentlich habe ich Ihnen stets kollegiale Bewunderung entgegengebracht, wenn Sie im ZDF einen Politiker interviewten. Sie hakten nach und gaben sich nicht mit ausweichenden Antworten zufrieden. So soll ein Interview geführt werden. Doch wie Sie sich mit SPD-Chef Gabriel gefetzt haben, das hat meiner Bewunderung für Sie einen erheblichen Knacks verpasst. Eitel, fast beleidigt wirkend, haben Sie minutenlang auf dem gleichen Thema herumgehackt, obwohl Gabriel - davon zu Recht genervt - Ihnen doch erschöpfend geantwortet hat. Frau Slomka, das können Sie besser."

Zusammengestellt von Louisa Uzuner.

Quelle: ntv.de

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