Verfassungsschutzbericht 2009 "Gefährlich für unsere Demokratie"
21.06.2010, 21:10 UhrKeine guten Nachrichten vom Verfassungsschutz: Der Rechtsextremismus bewegt sich weiter auf hohem Niveau: Beim Linksextremismus steigen die Zahlen und auch die Bedrohung durch Islamisten nimmt nicht ab. Diese haben Deutschland weiterhin im Visier.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière legte in Berlin den Verfassungsschutzbericht 2009 vor.
(Foto: APN)
"Sieben islamistische Anschlagsversuche soll es allein seit 2000 gegeben haben. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten sich die El-Kaida-Drohungen vor der Bundestagswahl bewahrheitet", ist in der in Hannover herausgegebenen Neuen Presse zu lesen. "Es ist richtig, dass der Verfassungsschutz künftig einen Schwerpunkt genau in diesem Bereich setzen will. Denn auch wenn das Anzünden von Autos aus der linksautonomen Szene höchst kriminell ist - brandgefährlich für unsere Demokratie sind vor allem jene, deren kriminelle Energie auch nicht vor Menschenleben halt macht."
Auch für die Frankfurter Allgemeine Zeitung geht die "Hauptgefahr für das freiheitliche Gemeinwesen" weiterhin "unzweifelhaft von islamistischen Fundamentalisten aus - das Gefährliche an dieser Bedrohung ist gerade, dass sie im Alltag (etwa mangels brennender Luxusautos) kaum zu spüren ist und schon deshalb in Frage gestellt wird". Gleichwohl tue Innenminister de Mazière gut daran, auf schrille Töne zu verzichten: "In Deutschland herrschen weder Krieg noch Ausnahmezustand. Gelassenheit ist schon ein Erfolg im Kampf gegen Angstmacher". Das Blatt gibt zu Bedenken: "Offenbar zu gelassen war Deutschland bisher gegenüber der Wirtschaftsspionage, gegenüber elektronischen Angriffen auf Unternehmen und öffentliche Einrichtungen. Das hat Tradition - schon früher wurde Spionage regelmäßig kleingeredet. Schließlich gehören auch sehr befreundete Staaten zu den Tätern, von Russland und China zu schweigen."
Die Frankfurter Rundschau fragt sich angesichts des Themas Linksextremismus im Verfassungsschutzbericht: "Bricht in Deutschland die Weltrevolution aus? Der Verfassungsschutzbericht für 2009 verzeichnet mehr gewaltbereite Linke (nämlich 6600 im ganzen Land) und mehr Gewalttaten 'mit linksextremistischem Hintergrund'. Es klingt, als gäbe es einen geschlossenen revolutionären Block, der an der Beseitigung der Demokratie arbeitet. Das hätten die gewaltbereiten Linksautonomen gern. Aber wer glaubt, durch das Anzünden von Autos und Angriffe auf Polizisten die Welt verbessern zu können, ist nicht nur ebenso kriminell wie dumm - er spielt auch einer Bundesregierung in die Hände, die mit einem schlichten Rechts-links-Schema operiert".
Der Fränkische Tag aus Bamberg macht deutlich: "Bei immer mehr Brutalität der Linksautonomen ist ein brennender Mercedes längst kein Schlag mehr gegen das Establishment, sondern gegen den Staat. Der Sprengsatz auf Polizisten bei einer friedlichen Demo gegen Sozialabbau hat gezeigt, was von Links zu erwarten ist".
Einen Blick in die andere Richtung wirft die Leipziger Volkszeitung: "Dass Rechtsextreme die aktuelle Lage weniger für ihre misslichen Zwecke zu instrumentalisieren vermögen, ist kein Anlass zum Aufatmen. Denn trotz sinkender Mitgliedszahlen bei der NPD, kristallisiert sich immer mehr ein brutaler Kern in der Szene. Und auf kommunaler Ebene sitzen die Neonazis nach wie vor fest im Sattel - vor allem im Osten". Der Ansatz von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), auf keinem Auge blind sein zu wollen, sei deshalb völlig richtig. Denn: "Das Aufrechnen von linken und rechten Straftaten hilft weder Ausländern, die von Nazis verprügelt noch Polizisten, die von linken Gewalttätern attackiert werden".
Deshalb, so schreibt die Märkische Oderzeitung: "Gerade im Vorfeld von Großveranstaltungen sollte der Polizei die Möglichkeit gegeben werden, verdächtige Personen rigoros aus dem Verkehr ziehen zu können. Das gilt sowohl für Links- als auch für Rechtsextreme. Letztlich greift die Polizei aber erst dann ein, wenn es akut wird. Die Wurzeln des Problems liegen in der Gesellschaft. Der Verfassungsschutz muss die Informationen liefern. Handeln muss die Politik".
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Susanne Niedorf