Schmidt und ihr Dienstwagen "Gift für den Wahlkampf der SPD"
29.07.2009, 20:49 UhrDer hartnäckigen Gesundheitsministerin ist ihr eigener Dienstwagen zum Verhängnis geworden. Ulla Schmidts schlechtes Krisenmanagement lässt sie nicht gut da stehen. Daher nimmt sie Frank-Walter Steinmeier aus dem SPD-Kompetenzteam. Eine folgerichtige Entscheidung - finden nicht alle.
"Pech war der Diebstahl des Dienstwagens, ihr Fehler aber war die selbstgerechte Kommentierung dieses Missgeschicks ("das steht mir zu")", meint die Süddeutsche Zeitung. Nun würden viele Ulla Schmidt in den kommenden Wochen ausschließlich mit ihrem Benz in Verbindung bringen. Daher denkt das Blatt, dass "eine so zwangsläufig zur Selbstverteidigungspolitikerin werdende Ministerin" nicht in das Wahlkampfteam gehöre, "das Aufbruch, Neubeginn und Optimismus signalisieren soll".
Schmidts Krisenmanagement kritisiert auch die Rhein-Neckar-Zeitung: "Es ist, wie fast jedes Mal: Ulla Schmidt stolpert nicht darüber, dass sie ihre dienstlichen Möglichkeiten weit ausgelegt hat. Sie stolpert mitten im Wahlkampf, weil sie ein miserables Krisenmanagement betrieben hat." Das Blatt ist der Meinung, dass es "weniger schlimm" gewesen wäre, wenn die Gesundheitsministerin dazu gestanden hätte, "dass sie ihren Dienstwagen aus Gründen der Bequemlichkeit nach Spanien bringen ließ". "So etwas wie Einsicht" hätte den Fall erledigt.
Schmidts Krisenmanagement sei "denkbar schlecht" gewesen, so auch die Frankfurter Neue Presse, und zwar "ungeachtet der Qualität der Vorwürfe". Sie hätte ihren Fehler zugeben können, statt ihn dreist von sich zu weisen und nur im absoluten Notfall zurück zu rudern. Letztlich sei die Dienstwagen-Affäre keine Riesensache, "aber eben in Hinblick auf die Vorbild-Wirkung der Politiker fatal - und deshalb absolutes Gift für den Wahlkampf der SPD". Fazit: "Von allen schlechten Lösungen war Schmidts Rückzug aus dem Kompetenzteam noch die beste Lösung für die SPD", schreibt das Blatt.
Die Folgen der sogenannten Dienstwagen-Affäre kommentiert der Nordbayerischer Kurier, denn sie hätte die Gesundheitsministerin "zur Belastung für den SPD-Wahlkampf gemacht". Daher hätte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier "aus der Schusslinie" genommen. Das Blatt spekuliert, ob ihr das vielleicht sogar Recht wäre. "Fast neun Jahre im Amt der Gesundheitsministerin sind genug. Es war eine harte Zeit, es gibt ein Leben nach der Politik. Ausgerechnet ein Dienstwagen hat bei Ulla Schmidt das Ende ihrer langen Dienstfahrt eingeleitet."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung dagegen hinterfragt die Entscheidung des Vizekanzlers, Ulla Schmidt aus dem Kompetenzteam zu nehmen. Könne er es sich leisten, "mit einem Kompetenzteam anzutreten, in dem die Gesundheitspolitik nicht mehr von der profiliertesten Ministerin repräsentiert wird, die seine Partei auf diesem Gebiet vorzuweisen hat"? Auch wenn Schmidts Konzept sicher streitbar sei, hätten sich nur wenige Leiter dieses Ministeriums "so wenig wie sie von den mächtigsten Lobbyorganisationen dieser Republik den Schneid abkaufen lassen. (…) Die SPD aber lässt es zu, dass die Frau, die in so vielen Stürmen standfest blieb und von mächtigen Gegnern nicht zu besiegen war, von einer spanischen Einbrecherbande zur Strecke gebracht wird. Ein schlechter Scherz und jedenfalls kein Zeichen von Stärke."
Zusammengestellt von Julia Kreutziger
Quelle: ntv.de