Pressestimmen

Gedanken zur Regierungsbildung "Große Koalition ist kein Sonntagsausflug"

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Die Deutschen haben gewählt: Als stärkste Partei geht die CDU aus der Bundestagswahl hervor, gefolgt von der SPD. Auch die Grünen und die Linke schaffen es in den Bundestag. Nachdem es bei der Union nicht für eine absolute Mehrheit reicht und der Wunsch-Koalitionspartner FDP den Einzug in den Bundestag verpasst, muss sich Kanzlerin Merkel nun einen neuen Regierungspartner suchen. Doch wer soll Deutschland künftig regieren? Eine Große Koalition, Schwarz-Grün oder gar Rot-Rot-Grün? Die Kommentatoren der deutschen Zeitungen finden für jedes Bündnis gute Gründe.

Deutschland hat gewählt - aber mit wem soll Kanzlerin Merkel künftig regieren?

Deutschland hat gewählt - aber mit wem soll Kanzlerin Merkel künftig regieren?

(Foto: picture alliance / dpa)

"Große Koalitionen sollten Ausnahmen bleiben ", stellt die Mittelbayerische Zeitung aus Regensburg fest -  schiebt aber sofort nach, dass Schwarz-Rot derzeit "am ehesten den drohenden Reformstau vermeiden helfen" könnte: "Beide Partner wären gerade wegen ihrer unterschiedlichen Ansätze gezwungen, um die beste Lösung für Probleme zu ringen. Das hatte zwar in der letzten Großen Koalition oft für quälende Debatten gesorgt. Wer die Bilanzen vergleicht, muss sich fragen, ob die 'beste Bundesregierung aller Zeiten' vielleicht am Ende schwarz-rot, und nicht, wie von Union und FDP behauptet, schwarz-gelb gefärbt war."

Die Süddeutsche Zeitung mahnt die potenziellen Koalitionspartner zu Besonnenheit: "Koalitionen sollen Bündnisse auf Gedeih sein, nicht auf Verderb". Sollte "die angeschlagene SPD" eine Koalition mit der Union eingehen, ohne zuvor die Meinung ihrer Mitglieder zu hören, dann wäre dieses Bündnis nach Ansicht des Münchner Blattes "ein Verderben von Anbeginn, sie wäre ein Gau für die SPD. Eine Große Koalition ist kein Sonntagsausflug, zu dem sich allein Parteiführung oder Parteichef entscheiden, weil sie gerade in Stimmung sind und die Kanzlerin einladend lächelt. Sie ist für die SPD ein existenzielles Wagnis. Ein Mitgliederentscheid ist daher Pflicht".

Für die in Würzburg herausgegebene Tagespost ist "eine schwarz-grüne Koalition eine Option, an der die Union gar nicht vorbeikommt. Die FDP liegt im politischen Koma. Ob und wann die Reanimationsversuche von Christian Lindner erfolgreich sind, weiß niemand. Und in der Biopolitik zum Beispiel ist die inhaltliche Schnittmenge mit den Grünen ohnehin größer, als sie es mit den Liberalen je war. Auch das macht die schwarz-grüne Variante in einer Zeit nach Trittin, Künast und Roth durchaus interessant".

Die Frankfurter Rundschau sieht das anders. Sie rät den Grünen von einer Koalition mit der Union ab: "Das Kapital der Grünen ist und bleibt ihr ökosozialer Markenkern. Deshalb wäre es politischer Selbstmord, wenn sie ihr deutlich erkennbares Profil mit falschen Kompromissen in einer schwarz-grünen Koalition beschädigen würde. Jetzt ist der Moment, wieder auf die guten alten Themen zu setzen: von ökologischer Landwirtschaft bis zur Homo-Ehe ohne Wenn und Aber. Als Bürgerrechtspartei haben die Grünen der FDP längst den Rang abgelaufen, hier könnten sie sich stärker profilieren und neue treibende Kraft werden, die dem Schnüffelstaat klare Grenzen aufzeigt. Mit Schwarz-Grün kann die Partei nur verlieren. Opposition ist ihre Chance, sich eine echte Machtoption zu erarbeiten".

Der Tagesspiegel aus Berlin bringt Rot-Rot-Grün als Option ins Gespräch: "Das Wahlversprechen verbindet SPD, Linke und Grüne. Gemeinsam könnten sie es einlösen. Von der Wiege - oder Kinderkrippe auf Staatskosten - über die Bildung über 'gute' Arbeit für einen flächendeckenden Mindestlohn und eine Krankenversorgung aus einer kollektiven 'Bürgerversicherung' bis hin zur Mindestrente hätten Sozialdemokraten, Linke und Grüne Punkt für Punkt bloß über das 'Und wie viel wollt ihr?' miteinander zu verhandeln, nicht aber über ein 'Ob überhaupt'."

Zusammengestellt von Susanne Niedorf-Schipke

Quelle: ntv.de

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