Pressestimmen

Probleme bei der Deutschen Bahn "Grube ist kein Unschuldslamm"

Wie schon im vergangenen Winter ist die Bahn auch dieses Mal wieder von Schnee und Eis überrascht worden - fast nichts ging mehr auf Deutschlands Schienen. Wer aber ist für das neuerliche Desaster verantwortlich? Bahnchef Grube jedenfalls kann seinem Vorgänger Mehdorn nicht die ganze Schuld in die Schuhe schieben, obwohl der das Unternehmen mit seinem Sparkurs in eine prekäre Lage gebracht hat. Und auch die Politik hat versagt und trägt in Heuschrecken-Manier ihren Teil zu den Problemen der Bahn bei.

(Foto: dpa)

"Es zeigt sich immer mehr, dass der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn im Konzern verbrannte Erde hinterlassen hat. Die Konsequenzen trägt nun der Kunde", stellt der Mannheimer Morgen fest, denn Zuverlässigkeit, Technik und Schienennetz der Bahn seien mangelhaft. Die Schuld könne man allerdings nicht alleine der Bahn oder dem amtierenden Vorstand zuschieben, sondern auch der Bundesregierung. Die habe "erst unter Kanzler Schröder, dann unter Kanzlerin Merkel die Strategie maximaler Gewinne und möglichst weltweiter Expansion mitgetragen, statt das Unternehmen an seine Aufgabe des Personentransports in Deutschland zu erinnern."

In Bezug auf den früheren Bahnchef vertritt die Frankfurter Neue Presse eine etwas andere Meinung: "Natürlich leidet das Unternehmen noch unter dem Sparkurs der Ära Mehdorn. Aber nach anderthalb Jahren an der Bahn-Spitze kann Grube wahrlich nicht mehr das Unschuldslamm spielen. Schon nach dem Winterdesaster von 2009/10 hatte er weniger anfällige Züge, mehr Züge und bessere Netz-Wartung versprochen. Passiert ist aber wenig. Und zu den technischen Mängeln kommen mehr denn je auch noch knappe und zu ehrgeizig bemessene Fahrzeiten sowie mangelnde Notfall-Kapazitäten in der Belegschaft hinzu, was er nun wirklich nicht seinem Vorgänger in die Schuhe schieben kann."

Das Handelsblatt nimmt hingegen die Politik aufs Korn, die "nicht mehr weit vom klassischen Heuschrecken-Verhalten entfernt" sei. Dass Finanzminister Schäuble in diesem und den nächsten vier Jahren jeweils 500 Millionen Euro Dividende von der Bahn verlange, um den Haushalt zu sanieren, sei "ein Tatbestand der Ausplünderung". Die letzten Winterwochen hätte deutlich gemacht: "Der Konzern hat keine Reserven mehr, wenn es klemmt weder Menschen noch Maschinen." Außerdem habe der Konzern Schulden in Höhe von fast 15 Millionen Euro. "Entspannt lebt er mit diesem Berg nur, weil er als Staatsunternehmen beim Rating vom guten Ruf des Schuldners Bundesrepublik profitiert. Wer in dieser Situation dem Unternehmen Bahn Mittel entzieht, handelt unverantwortlich wie eine Heuschrecke. Die wachsende Bedeutung des Verkehrsträgers Schiene hat die Bundesregierung bisher nicht verstanden. Und ein maßgeblicher Satz des Grundgesetzes ist bei ihr offenbar unbekannt: Eigentum verpflichtet."

"Noch immer gehört die Bahn dem Staat, also uns allen", erinnert auch die Hessische / Niedersächsische Allgemeine aus Kassel. "Wir brauchen aber keine Bahn, die möglichst hohe Gewinne einfährt, sondern eine, die das Land bei ausgeglichener Bilanz möglichst pünktlich, sicher und zuverlässig am Laufen hält. Das ist die Entscheidung, die jetzt in Berlin zu treffen ist. Die Gewinne der Bahn gehören reinvestiert, mindestens. Vielleicht ist größerer Schaden so noch zu verhindern."

"Um die Braut für die potenziellen Investoren aufzuhübschen, hat die Bahn seit Jahren notwendige Investitionen unterlassen. Seitdem wird sie im Herbst von fallendem Laub, im Winter von Schnee und Eis und im Sommer von großer Hitze überrascht." Jetzt aber sei der Brautschleier gefallen und "enthüllt ein abgemagertes Unternehmen, das dringend aufgepäppelt werden muss, um endlich wieder ein zuverlässiges Transportunternehmen für die Bürger zu werden", so die Saarbrücker Zeitung.

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki

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