Pressestimmen

Wahrheitssuche nach Kundus Guttenberg ein "Teflon-Politiker"?

Erst denken, dann reden. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Zu derlei Weisheiten fühlt sich die Presse berufen, wenn sie das Verhalten des Verteidigunsgministers in der Kundus-Affäre bewertet. Der Auftritt des Ex-Generalinspekteurs Schneiderhan hat Guttenberg alles andere als entlastet, im Gegenteil.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan: Wer wusste was wann?

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan: Wer wusste was wann?

(Foto: dpa)

Die Süddeutsche Zeitung hat den Schuldigen bereits gefunden: "Jenseits der Tatsache, dass die Bombardierung der Sandbank von Kundus der folgenschwerste Fehler in der Geschichte der Bundeswehr war, gibt es auch kaum ein so gravierendes Beispiel einer Fehleinschätzung durch einen Minister wie Guttenbergs später revidierte Bewertung, der Angriff sei militärisch angemessen gewesen. Hätte er jene Dokumente, die ihm vorlagen, gelesen und verstanden, hätte er zumindest vorsichtiger sein müssen. Weil er so ist, wie er ist, war er nicht vorsichtig. Und daran ist kein General und kein Staatssekretär schuld."

Auch die Saarbrücker Zeitung übt scharfe Kritik am Verteidigungsminister: "Von dem Vorgang bleibt trotzdem etwas: Man hat jetzt gelernt, dass zu Guttenberg für seine Karriere bereit ist, notfalls auch sehr verdiente Personen zu opfern und dabei die Wahrheit zu verbiegen. Man hat außerdem gelernt, dass er mitunter schneller redet als er denkt. Beides sind nicht die besten Eigenschaften für einen, der das Oberkommando über das Schießen hat."

"Schneiderhan und Wichert hätten nicht tricksen sollen, Guttenberg hätte weniger forsch agieren und den Fall erst aufklären lassen sollen. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit besonders in unübersichtlichen Situationen", kritisiert auch die Frankfurter Rundschau und hofft, "dass Guttenberg seine Lektion lernt". "Andernfalls wird er sich weiter das Leben als Verteidigungsminister schwermachen, was gerade noch zu verkraften wäre; vor allem aber würde er dem Land schaden."

Die Braunschweiger Zeitung ist skeptisch, was die Wahrheitsfindung angeht: "Bei der Kundus-Affäre geht es um den verheerenden Luftangriff, bei dem bis zu 142 Menschen, darunter viele Zivilisten, getötet wurden. Dieses Ereignis ist schon schrecklich genug, doch damit nicht genug. Der Wust von Erklärungen, Beschuldigungen und Relativierungen ist ebenfalls furchtbar. Die Wahrheit wird auch im Kundus-Untersuchungsausschuss nicht ans Licht kommen; jeder ist sich selbst der Nächste, die Aktenlage undurchsichtig. Das sind beste Voraussetzungen für ein Abhaken. Was kann dabei herauskommen, wenn alle vorgeben, sich korrekt verhalten zu haben und mit immer neuen Wendungen bekräftigen, dass sie sauber sind? Nichts!"

"Zurückhaltende Zeugen und umso offenherzigere Indiskretionen: Bundesverteidigungsminister Guttenberg steht nach dem Auftritt des von ihm entlassenen Generalinspekteurs Schneiderhan vor dem Kundus- Untersuchungsausschuss alles andere als entlastet da", kommentiert der Wiesbadener Kurier: "Es ergibt sich das Bild eines Teflon-Politikers, der erst den Rat zur Vorsicht ausschlägt und dann den Recht behaltenden Berater zum Sündenbock macht, um saubere Hände zu behalten. Gezeichnet wird dies Bild allerdings mit Hilfe von Interna, die interessengesteuert und scheibchenweise an die Öffentlichkeit lanciert werden und dringend auf Plausibilität überprüft gehören."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Nadin Härtwig

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