Pressestimmen

G20-Gipfel in Seoul "Haben Obama die Zähne gezeigt"

(Foto: dpa)

Beim Gipfel der führenden Wirtschaftsmächte stehen die USA im Abseits. Der Versuch, die internationalen Regeln nach amerikanischen Bedürfnissen maßzuschneidern, ist gescheitert. Zu Recht, urteilt die Presse und vergibt einen Etappensieg für Kanzlerin Merkel.

US-Präsident Obama muss sein Vorhaben, die Exportmächte Deutschland und China politisch an die Leine zu legen, vorerst aufgeben, schreibt die Leipziger Volkszeitung und verteilt  einen ersten Punktsieg an die Bundeskanzlerin: "Angela Merkel und ihr chinesischer Kollege haben ihm die Zähne gezeigt. Das ist wichtig, denn für ein Land wie die USA, das die staatliche Lenkung von Wirtschaftsströmen bislang als sozialistisches Rudiment an den Pranger stellte, wirkt Obamas Vorstoß für eine Exportbremse ziemlich ohnmächtig." Da sei es nur konsequent, dass Merkel nicht schwächelt und die deutschen Positionen verteidigt."

Ganz ähnlich sieht das die Rhein-Neckar-Zeitung: "Angela Merkel konnte vor allem im Verbund mit den Chinesen hier einen entscheidenden Punktsieg verbuchen", lobt das Blatt aus Heidelberg. Denn die guten Konjunkturaussichten der Exportnation Deutschland seien untrennbar mit einem ungehinderten Zugang zum Weltmarkt verbunden.

Wie immer das Endergebnis aussehen wird, kommentiert die Ludwigsburger Kreiszeitung, "der G20-Gipfel Seoul markiert einen Wendepunkt in der wirtschaftspolitischen Gipfeldiplomatie." Und weiter: "Daran hat Bundeskanzlerin Merkel einen erheblichen Anteil: Sie war nicht bereit, die wiedergewonnene wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik der Schuldenpolitik Washingtons unterzuordnen."

Gestern musste Obama beim G20-Gipfel in Seoul erleben, dass sein Vorschlag, die deutschen und chinesischen Exporte durch Quoten zu begrenzen, noch nicht einmal ernsthaft diskutiert wurde, lästert die Cellesche Zeitung und fragt: "Was blieb dem angeblich mächtigsten Mann der Welt da anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich mit einer unverbindlichen Absichtserklärung zufrieden zu geben?

Im Handel mit halben Wahrheiten sind sie groß - heißen sie nun Obama, Merkel oder Hu Jintao, stellt der Reutlinger General-Anzeiger fest. Ein Stück weit könne man es ihnen sogar nachsehen, haben sie doch alle den Eid geschworen, zum Wohle ihrer Nation zu handeln. "Geißelt der Amerikaner die hohen deutschen und chinesischen Exportüberschüsse, die in den USA die hohen Defizite in der Handelsbilanz verursachen, sorgen sich die Deutschen und Chinesen plötzlich gemeinsam über die wundersame Geldvermehrung der USA, die die nächste Blase produzieren könnte. Diese Liaison der gemeinsamen Interessenwahrnehmung ist zumindest neu, originell ist sie nicht."

Die Volksstimme macht sich Gedanken über eine Zahl "mit gewaltiger Sprengkraft": 600.000.000.000 US- Dollar habe die US-Notenbank jüngst in den Kauf amerikanischer Staatsanleihen gesteckt, konstatiert das Blatt aus Magdeburg und kommentiert dazu: "600 Milliarden Dollar ­- diese Geldflut steckt hinter dem Konflikt zwischen Deutschland und den USA, der sich beim G20-Gipfel in Seoul nicht deckeln lässt. Kanzlerin Angela Merkel will, die deutsche Exportkraft im Rücken, weg von Konjunkturprogrammen. Präsident Barack Obama will deutsche Importe begrenzen und mit der Milliarden-Spritze aus der eigenen Wirtschaftsflaute heraus. Zwei Positionen, die nicht vereinbar sind. Es sei denn, durch laue Absichtserklärungen." Dabei werde es wohl auch bleiben, urteilt das Blatt. Ebenso wie bei anderen unlösbaren Gipfel-Fragen, wie der ins Spiel gebrachten Umstellung des Wechselkurssystems von Dollar- auf Goldbasis. Ergo: "Seoul kann wieder nur ein Zwischenspiel auf dem Weg zu mehr globalem Gleichgewicht sein."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Diana Sierpinski

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