Schuldenschnitt für Griechenland Hellas bleibt "ein Fass ohne Boden"
09.03.2012, 20:25 UhrEuropa atmet auf, die Einigung auf einen freiwilligen Schuldenschnitt für Griechenland ist geglückt. Doch das heißt noch lange nicht, dass das Land über den Berg ist, wie n-tv.de meint. Die Unternehmungen, Griechenland und den Euro zu retten sind noch immer zu zaghaft. Das Problem wird einfach nicht bei der Wurzel gepackt.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fragt: "Droht am Ende gar der Bankrott Griechenlands?" Das Blatt beantwortet die Frage selbst - eindeutig mit einem "Ja" und erklärt: "Der erste Schnitt ist zaghaft und auf private Gläubiger begrenzt. Für den Steuerzahler kann das noch teurer werden, da immer mehr Schulden von privaten in öffentliche Hände wandern. Mit Schuldenerlass und Finanzspritzen kann man nur die Symptome der Krise bekämpfen. Solange Rettungseuropäer frisches Geld nach Athen pumpen ohne die Strukturen zu verändern, stabilisieren sie lediglich das alte Klientelsystem. Um den Klientelismus zu überwinden, muss man die finanziellen Quellen austrocknen. Das gilt erst recht für die Zeit nach der Wahl mit einem ungewissem Ausgang. Sonst bleibt Griechenland ein Fass ohne Boden."
Auch der Kölner Stadt-Anzeiger meint, dass sich durch den Schuldenschnitt allein, Griechenland nicht erholen werde. Es ändere sich wenig an der Leistungsfähigkeit des Landes. Und weiter: "Es wird im Schnellverfahren nicht aus seiner Misere kommen. Notwendig werden in absehbarer Zeit mit ziemlicher Sicherheit ein weiterer Schuldenschnitt und ein weiteres Kreditpaket. Möglicherweise ist eines Tages sogar der Austritt aus der Euro-Zone angebracht. Was das Land aber auch dringend braucht, das sind Einnahmen. Wirkungsvoller als neue Kredite wäre ein groß angelegtes Investitionsprogramm beispielsweise in die Solarenergie. Und wer privat den Griechen helfen will, der sollte sie im Urlaub besuchen oder ihre Erzeugnisse kaufen."
"Ob die Zukunftswette der Griechen-Retter aufgeht, hängt von den Griechen selbst ab", meint die Süddeutsche Zeitung. Dabei bleibe die Staatsinsolvenz möglich. "Bei den unverzichtbaren Wirtschaftsreformen hat das Land viel Zeit verplempert. Die bitteren Opfer nähren im Volk Sympathien für einen Blockadekurs, der Griechenland endgültig ins Abseits treiben würde. Gewerkschafter versuchten gerade, die Teilnahme heimischer Pensionsfonds am Schuldenverzicht zu sabotieren - und so die ganze Operation der Regierung. Das lässt Schlimmes befürchten: Wenn die Griechen sich nicht helfen lassen, ist ihnen nicht mehr zu helfen.
Die Welt geht auf die Bedeutung des Schuldenschnitts für die Politik ein und kann am Ende sogar ein positives Fazit ziehen: "Für die Politik bedeutet dies eine Zeitenwende. Denn Investoren, die einigermaßen rational agieren, werden hoch verschuldeten Euro-Ländern auf Dauer kaum noch Kapital leihen - schon gar nicht zu den über lange Jahre üblichen, viel zu niedrigen Zinsen. Damit aber wird es deutlich schwieriger, Politik mittels ständig steigender Verschuldung zu betreiben. Vorbei ist es mit der Möglichkeit, die Wählerschaft dank immer höherer Staatsausgaben für Wohlfahrtsprogramme von der richtigen Stimmabgabe zu überzeugen. Politik und Politiker werden sich in vielen Ländern neu erfinden müssen. Und dies ist wiederum keine schlechte Nachricht."
"Kann ein Schuldner mehr Entgegenkommen erwarten?", fragt die Mitteldeutsche Zeitung. Doch es bleiben viele Probleme und Ungereimtheiten trotz der vorläufigen Rettungsaktion: "Da ist einmal die Gläubigerseite. Die Banken haben sich zum großen Teil rechtzeitig von ihren faulen Hellas-Staatsanleihen getrennt und diese 'Wertpapiere' an die Europäische Zentralbank abgegeben, Hedgefonds werden über Ausfallversicherungen oft sogar ihren gesamten Einsatz zurückbekommen. Die privaten Gläubiger hingegen und die Steuerzahler tragen im Wesentlichen die Lasten des Schuldenschnitts."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Julia Kreutziger