Pressestimmen

Merkels Erklärung zu Griechenland "Innenpolitisches Klein-Klein"

Angela Merkel gibt mit großen Worten eine Regierungserklärung ab, in der sie das Hilfspaket für Griechenland verteidigt, obwohl sie laut n-tv.de bis vor Kurzem noch zögerte und damit die Lage zunächst noch verschlimmerte. Heute beschreibt sie die Rettung Griechenlands als dringend notwendig, weil Europa am Scheideweg steht. Große Worte, um sich von der Opposition zu distanzieren und den Widerstand in den eigenen Reihen zu brechen, meint die Presse.  

Angela Merkel beschwört das Parlament.

Angela Merkel beschwört das Parlament.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Glaubt man Angela Merkels Worten, dann geht es bei der politisch und finanziell unkalkulierbaren, milliardenschweren Rettungsaktion für Griechenland nicht nur um viel Geld, sondern um die Zukunft Europas", schreiben die Stuttgarter Nachrichten. "Die Ultima-Ratio-Kanzlerin will europäisches Fingerspitzengefühl, finanzielle Durchsetzungskraft und politische Führungsstärke beweisen in schicksalhafter Zeit, in der sie keine Deutschen, sondern nur Europäer kennt." Aber die deutschen Bürger würden sich fragen, resümiert das Blatt weiter: "Was ist das für ein Land, das ausländische Hilfe wie die Luft zum Atmen braucht, aber nicht einsieht, selbst für die Rettung zu sorgen?"

Das Mindener Tageblatt meint, dass die Kanzlerin Recht habe: "Europa steht am Scheideweg. Seine weitere Zukunft wird sich an der Bewältigung der Schuldenkrise erweisen, die im Übrigen ja durchaus nicht nur eine griechische ist." Doch bedürfe es keiner Toten, um die Dramatik der Krisen aufzuzeigen. Das Blatt ist überzeugt, dass "ein auch nur näherungsweise radikales Paket wie dieses (…) in Deutschland jedenfalls ganz sicher eine Revolution auslösen (dürfte)". Niemand können der Krise jetzt mehr aus dem Weg gehen, sie sei da. Lamentieren oder Schuldzuweisungen würden nicht helfen. "Kühle Risikoabwägung im Blick auf die eigenen Interessen" sei die Aufgabe der Stunde. "Ergebnis: Verweigerung schadete ihnen."

Die Braunschweiger Zeitung kommentiert Merkels Regierungserklärung aus einer anderen, der innenpolitischen Perspektive: "Offenkundig versucht Merkel, mit scharfer Abgrenzung zur Opposition den Widerstand in den eigenen Reihen zu brechen. Das Kalkül ist offenkundig: Lieber eine durch klare Fronten erzwungene eigene Mehrheit als ein breites Votum, bei dem sich zu viele Koalitionsabgeordnete aus dem Staub machen." Dies sei der Grund, warum sie Grüne und SPD abblitzen lasse. Doch passe dieses "innenpolitische Klein-Klein", wie das Blatt dieses Verhalten nennt, bei Weitem nicht zur Dramatik der Griechenland-Krise.

"Wenn Politiker Entscheidungen als alternativlos anpreisen, ist Vorsicht geboten", mahnt die Südwest-Presse. Es gebe aus ihrer Sicht nämlich immer auch andere Handlungsmöglichkeiten. Die schwarz-gelbe Regierung "setzt darauf, dass SPD und Grüne es nicht wagen werden, nein zur europäischen Hilfsaktion für Griechenland zu sagen". Es seien Gerhard Schröder und Joschka Fischer gewesen, die Griechenland den Gang in der Euro-Zone ermöglicht hätten. Daher sei eine Ablehnung seitens der Opposition riskant, "weil sich SPD und Grüne damit den Populismus-Vorwurf einhandelten, erst recht wenige Tage vor der NRW-Wahl". Doch nicht zu versuchen, die Regierung nicht "auf schärfere Sanktionen und wirksamere Kontrollen für den internationalen Finanzsektor zu verpflichten, wäre auch fahrlässig und kurzsichtig."

Zunächst hätte Merkel lange gezögert, erinnert die Schwäbische Zeitung. Doch jetzt werbe sie umso intensiver für das griechische Hilfspaket. Doch Opposition habe Recht, wenn sie weitere Auflagen für die Finanzmärkte verlangt. Richtig und wichtig sei auch, dass sich Merkel "für eine Bankenabgabe und vor allem für schärfere Sanktionen gegen Euro-Sünder stark machen" will. Doch bald werde die Kanzlerin "selbst zeigen müssen, wie sie mit der Schuldenbremse umgehen will. Tricksen oder den Bürgern Sparmaßnahmen zumuten? Nach der Wahl in NRW schlägt auch für die Deutschen die Stunde der Wahrheit."

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Julia Kreutziger

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